Immersive Art im Kunstkraftwerk

Kunst mit allen Sinnen erleben

Wart Ihr schonmal Tauchen oder zumindest Schnorcheln und hattet dieses Gefühl komplett in eine andere Welt zu versinken, die Euch mit auf eine unbekannte Reise nimmt? So ähnlich könnte man das Gefühl bezeichnen, wenn man in die alten Hallen des Plagwitzer Kunstkraftwerks tritt und in den Genuss der neuen Ausstellung „Immersive Art“ kommt. Der Begriff „Immersion“ wird, ins Deutsche übersetzt, ebenso beschrieben: in einen Raum eintauchen. Ja, zugegebenermaßen klingt das schwer vorstellbar und so ging es auch uns während der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung, bevor wir selbst in das Vergnügen kamen. Deshalb möchten wir Euch ein wenig auf den Geschmack bringen und Euch die Hintergründe und Motivation der Ausstellung genauer vorstellen und ganz nebenbei ein neues Highlight Leipzigs präsentieren:

Das Kunstkraftwerk! Es zählt zu diesen Gebäuden in Leipzig, die eine besonders lange und aufregende Geschichte hinter sich haben. Als Gaswerk und späteres Heizkraftwerk ins Leben gerufen, versorgte es lange Zeit die Industriebetriebe Leipzigs mit Energie. Lärm und Dreck standen auf der Tagesordnung, es herrschte Hochbetrieb. Doch wie die meisten Industrieanlagen wurde auch das Kraftwerk nach der Wende stillgelegt und lag Jahre lang brach. In Leipzig kennt man diesen typischen Verfall und besonders im Westen der Stadt gehört er eigentlich schon zum Stadtbild und die Ruinen sind immer wieder faszinierend. Trotzdem ist es schade, dass die alten Fabriken und Industrieanlagen stets weiter verfallen. Das dachten sich auch die beiden Initiatoren des Kunstkraftwerkes, ein Leipziger Architekt und ein Professor der Universität Leipzig. Die beiden Leipziger Kunstliebhaber entdeckten das Gebäude zufällig und entschieden sich, den Industriebau in der Saalfelder Straße zu retten und dabei den Industriecharakter beizubehalten. Zu unserem Glück!

Kunstkraftwerk Ansicht

Foto: Jens Kassner
Foto: Jens Kassner

So ist seit Juni diesen Jahres die „To Do List“ in Leipzig um einen Punkt länger. Denn sowohl Kunstinteressierte als auch Neugierige sollten das Kunstkraftwerk auf jeden Fall besuchen. Schon als wir uns die Ausstellung „ILLUSION – Nothing is as it seems.“ vor ein paar Wochen ansahen und mit Nicole Rundo, der Marketingdirektorin der neuen Institution, sprachen, waren wir begeistert. Allerdings nicht allein von der Ausstellung, sondern viel mehr von dem Charakter und Konzept des Komplexes. Kunst, Architektur und Wissenschaft begegnen sich hier auf gleicher Ebene. Zudem fungiert das Kunstkraftwerk nicht nur als Ausstellungstätte: Ihr könnt den oberen Teil des alten Kraftwerks sogar als Eventräumlichkeit mieten und neben den Ausstellungen auch das eine oder andere Konzert oder Theateraufführungen genießen. Außerdem legt das Kunstkraftwerk besonders großen Wert auf den interkulturellen und internationalen Austausch. So finden Erasmusstudenten sowie Angestellte aus Italien oder Frankreich die Möglichkeit sich im Kunstkraftwerk zu engagieren. Internationalität wird also großgeschrieben.

Aber genug zu unserem allgemeinen Eindruck! Nun soll es speziell um die beiden Ausstellungen der Immersive Art Factory gehen, die Ihr seit dem 24. September 2016 besuchen könnt: „Hundertwasser Experience“ und „Werk in Progress“.

Was die Ausstellungen definitiv verbindet, ist die Art und Weise des Erlebens. In den zwei Hallen sind über 40 Projektoren angebracht, die mit insgesamt 17 Medienservern bedient werden. Mit dieser technischen Ausstattung ist es möglich, dass Videos und Bilder an alle Wände und den Boden der Halle projiziert werden und sich somit der komplette Raum in eine Projektionsfläche verwandelt. Integrierte Soundanlagen untermalen das abwechslungsreiche Bildermeer. Was die beiden Ausstellungen hingegen unterscheidet, ist die Thematik:

Hundertwasser-Experience

Wie der Name der Ausstellung schon verlautbart, stehen hier die Werke des Wiener Künstlers Friedensreich Hundertwasser im Fokus. Diese zeichnen sich durch ihre kräftigen Farben und besonderen Formen aus, die auf spezielle Weise in der Installation aufgegriffen werden. Die Hightechinstallation beginnt mit einem Video vom Künstler Hundertwasser selbst, das in einem Wald am Wasser gedreht wurde. Kaum eingehüllt in dieses Video, scheint es als würden die ersten Kunstwerke von der Decke die Wände herunterrutschen. Untermalt mit Musik, fühlt man sich selbst wie ein Teil der Installation und kann sich frei in der großen Halle bewegen. Ständig wechseln die Bilder, Farben und Klänge. Besonders spannend sind die Bilder, die eine komplette Stadtkulisse zeigen. Man fühlt sich wie in einer Fantasiestadt mit bunten und verrückten Häusern, wie man sie typischerweise von Hundertwasser kennt.

Pssst: Es lohnt sich die Installation mindestens ein zweites Mal anzusehen, denn es gibt so viele Details zu entdecken, dass eine Vorstellung lange nicht genügt.

Hundertwasser Experience
Hundertwasser Experience 2
Hundertwasser Experience 3

„Werk in Progress“ 

Auch diese Ausstellung präsentiert schon im Titel ihre Intention: Das alte KraftWERK im Verlauf seiner Geschichte. Thema ist dabei die Entwicklung der Industrie. In der etwas kleineren Halle neben der Hundertwasser-Austellung steht man anfangs vielleicht etwas verwundert im Raum. Laute, knarrende Geräusche wirken beunruhigend und langsam werden auch hier die Wände lebendig. Spannende Animationen in Verknüpfung mit Bild und Ton zeigen den Verlauf der maschinellen Entwicklung von der Antike bis heute. Dabei wird auch die Halle selbst einbezogen. Die alten noch vorhanden Heizrohre und Fenster werden integriert und fast wirkt es so, als würde man mitten im Betrieb des alten Heizkraftwerkes stehen. Dies ist dem Künstlerteam wahrscheinlich auch deswegen so gut gelungen, weil sie mit einem ehemaligen Arbeiter des Kraftwerkes persönlich gesprochen haben und seine Geschichte in der Installation verarbeiten.

Werk in Progress

Werk in Progress 2

Immersive Art Factory

Das sechsköpfige italienische Künstlerteam, bestehend aus einem Pianisten, einem Komponisten, einer Videokünstlerin, einem Video- und Multimediakünstler sowie einem Bühnenregieassistent und Raumplaner hat wirklich besondere Arbeit geleistet. Diese Art von Installation findet man im Kunstkraftwerk Leipzig zum ersten Mal in Deutschland. Den Künstlern geht es bei beiden Ausstellungen darum, dass das Publikum selbst zum Protagonisten und Teil des Werkes wird. Die Installationen wurden speziell für die Hallen geschaffen: Die einzelnen Elemente der Räume flossen mit in die Planung ein und können durch diese enge Verknüpfung vom Raum und Werk, nur in diesen Hallen in der Form projiziert werden. Kunst und Raum fließen ineinander und wir sind dabei die Darsteller. Mega spannend!

Falls Ihr nun Lust bekommen habt, dann taucht einfach einmal selbst ab in die Welt der Hightechinstallationen. Die Zeiten der Spieltage und weitere Infos findet Ihr hier. Viel Spaß!

Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel, man weiß nie, was man bekommt.

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