Eine Reise durch die Geschichte eines magischen Ortes
Ein Grund warum wir Leipzig so ins Herz geschlossen haben, sind die vielen besonderen Orte, die man verteilt in der ganzen Stadt findet. Es gibt hier Plattenbauten genauso wie schicke gründerzeitliche Villen und alte Industriefabriken, die zu Ateliers und Büros umfunktioniert wurden. Hinter so manchen Fassaden verstecken sich echte Perlen und eine von ihnen möchten wir Euch heute vorstellen. Die Hainstraße im Leipziger Zentrum seid ihr sicher alle schon einmal entlang geschlendert, doch habt ihr auch schon einmal einen Blick in Nummer 18 geworfen?
Wo früher einmal Hotelgäste im Herzen der Stadt in exklusivem Ambiente nächtigten, findet man heute einen der wohl prächtigsten Orte in ganz Leipzig – die Salles de Pologne. Doch das war nicht immer so. Einige alteingesessene Leipziger erinnern sich noch an eine Zeit als das Gebäude in der Hainstraße leer stand und durch seine verfallene aber dennoch erkennbar prachtvolle Fassade fast schon verwunschen wirkte. Was viele hinter dem verstaubten Gemäuer nicht erahnen konnten, ist die lange Geschichte, die die heutigen Salles de Pologne prägte. Wir wollten genauer wissen, was das opulente Gebäude schon alles erlebt hat und haben den Staub ein wenig aufgewirbelt, um Euch mit auf eine kleine Zeitreise zu nehmen…
Diese reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Damals betrieb man in dem Gebäude zwei traditionsreiche Gasthöfe, die Christian August Pusch viele Jahre darauf übernahm und zum Hôtel de Pologne umbenannte. Der Wirt ließ sich bei der Namensgebung dabei von der Herkunft des polnischen Königs Stanisław I. Leszczyński, der 1706 hier lebte, inspirieren. Besonderen Wert legte der Gastronom auf die prächtige Gestaltung des Festsaals, der vom Architekten E. Pötzsch geplant wurde und vielen Besuchern mit Sicherheit ausschweifende Ballnächte bescherte (wir stellen uns da Jane Austens Mr. Darcy und Elisabeth vor..). Doch ein kleines Malheur eines Angestellten verursachte 1846 einen Großbrand und zerstörte den größten Teil des Gebäudes.
Trotz der ungemeinen Zerstörung gab man das Hôtel de Pologne nicht auf und errichtete 1848 einen einheitlichen Gebäudekomplex mit 130 Zimmern verteilt auf fünf Etagen, der nun tatsächlich nicht mehr nur als Gasthof, sondern als größtes Leipziger Hotel seiner Zeit dienen sollte. Besonders zu Messezeiten war das Hotel Anziehungspunkt für viele Gäste aus aller Welt…
…und so begann Architekt Arwed Rossberg einige Jahre nach der Eröffnung mit einer umfassenden Umgestaltung. Rossberg galt um 1900 als einer der bedeutendsten Architekten und prägte den Stadtbau Leipzigs unter anderem auch durch die Gestaltung der Deutschen Bank sowie der Bibliotheka Albertina. Bei der Gestaltung der Fassade des Hôtel de Pologne entschied er sich für den Stil der florentinischen Renaissance und so stellte das Hotel bis zum Ersten Weltkrieg so einige Herbergen Leipzigs in den Schatten. Es verfügte sogar über zwei große Festsäle, die für bis zu 1.500 Gäste Platz boten und von Architekten Ludwig Heim aufwendig verziert wurden. Überrascht hat uns auch, dass hier 1907 die heutige EDEKA Genossenschaft gegründet wurde. Verrückt, oder nicht?
Die unglaubliche Anziehungskraft der Räumlichkeiten blieb stets bestehen, obwohl das Hôtel de Pologne nicht immer nur in seiner damaligen Pracht erstrahlte. Mit dem Ersten Weltkrieg kam auch der Niedergang des Hotelbetriebs einher und der Einzug des österreichischen Messehauses mit seinem berühmten Kabarett „Nachtfalter“. Zu schweren Kriegszeiten wurde das Gebäude zeitweise sogar als Soldatenheim genutzt und 1950 fungierten die Säle – kaum denkbar – als Kantine des Leipziger Messeamtes.
Wie so vieles blieb auch das ehemalige Hôtel de Pologne zu DDR-Zeiten überwiegend ungenutzt und verstaubte. Erst 2011 wurde es aus seinem jahrelangen Dornröschenschlaf geweckt und vor dem Verfall gerettet. Die Leipziger Stadtbau AG begann eine aufwendige, denkmalgerechte Sanierung, die insgesamt drei Jahre dauern sollte. Nun fehlte nur noch ein mutiger Betreiber, der die Schönheit des Gebäudes zu nutzen wusste.
Die Hotel Michaelis GmbH ergriff die Chance und betreibt die Säle heute unter dem Motto „Opulente Pracht trifft modernen Freiraum“. Der historische Barocksaal und der zierliche Schwanensaal dienen als Eventlocation, während fünf modern ausgebaute Konferenzräume sowie eine Eventterrasse auf dem Dach den Businessbereich bedienen. Kleine Feierlichkeiten für bis zu 100 Gäste finden im Schwanensaal Platz. Im größeren barocken Saal können bis zu 400 Gäste Events genießen. Regelmäßig findet hier auch die Konzertreihe „Matinée“ statt und begeistert Klassik-Liebhaber in historischem Ambiete. Wenn Ihr das besondere Flair erleben möchtet – schon im Oktober findet hier das nächste Konzert statt!
Nun aber genug Staub aufgewirbelt. Wir sind begeistert, dass uns dieses geschichtsträchtige Gebäude noch heute zur Verfügung steht und uns in vergangenen Zeiten zurückversetzen lässt. Ihr seid neugierig geworden und wollt auch einmal einen Blick in die Salles de Pologne werfen? Dann solltet Ihr nicht zögern und die einmalige Gelegenheit am Tag des offenen Denkmals nutzen, der am 11.09. stattfindet. Von 10.00 – 15.00 Uhr habt Ihr die Möglichkeit das ehemalige Hôtel de Pologne im Herzen der Stadt zu besichtigen und Euch selbst von dessen Zauber zu überzeugen!
Alle Infos auf einen Blick:
Was? Tag des offenen Denkmals
Wann? 11.09.2016, 10.00 – 15.00 Uhr
Wo? Salles de Pologne, Hainstraße 18, 04109 Leipzig
Wie? Kostenlos