Wir stellen vor: Goldschmiedin Yvonne Sander-Biesecke
Es ist ein heißer Donnerstagnachmittag Anfang Juni. Auf dem verwinkelten Gelände der Alten Kammgarnspinnerei in Plagwitz bin ich auf der Suche nach dem Atelier von Goldschmiedin Yvonne Sander-Biesecke, während die Sonne auf mich prasselt. Ein verzweifelter Anruf: „Yvonne, wo muss ich hin?!“ – „Warte, ich komme runter und hole Dich ab!“. Ein Glück, denn während wir durch die „Grüne Pforte“ gehen, den Treppenaufgang hinauf steigen und uns über mehrere Flure den Weg Richtung Atelier bahnen, wird mir klar, dass ich Yvonnes Werkstatt allein vermutlich nicht gefunden hätte.
Oben angekommen stehen in dem kleinen Atelier schon eine Wasserkaraffe und frisch aufgebrühter Kaffee bereit und ich bewundere als erstes den hübsch präsentierten Schmuck von Yvonnes Label Wolkengold. Dieses ist der Grund meines Besuches und Yvonne und ich kommen sofort ins Plaudern.
Yvonne, Du lebst seit 4 Jahren in Leipzig, woher kommst Du ursprünglich?
Ursprünglich komme ich aus Halle, ich hatte also keinen langen Weg – es war quasi ein Katzensprung!
Der Weg zur Goldschmiedin war aber kein Katzensprung, oder?
Nein, ich bin nicht als Goldschmied auf die Welt gekommen. Nach dem Abi habe ich ein paar Semester Kunstgeschichte studiert, bis diese nette Bachelor-Master-Reform kam – es war einfach das größte Chaos der Welt und ich hörte schließlich auf, weil ich zudem auch merkte, dass theoretisches Arbeiten nicht mein Ding ist. Als Kunsthistorikerin hat man ja auch nicht gerade die besten Aussichten auf eine tolle Stelle.. Nun stand ich vor der Frage: „Was mache ich?“ Erst einmal habe ich eine Grafik-Ausbildung absolviert, die ich schon viel besser fand, gerade weil man am Ende des Tages sehen konnte, was man geschafft hat. Ich war froh, von der Theorie und der Bibliothek weg zu sein – ich bin einfach lieber unter Menschen!
Kurz darauf habe ich meinen Sohn bekommen und wollte nach der Babypause eigentlich gern im Bereich Grafikdesign arbeiten. Wir haben damals in Stuttgart gewohnt, ich habe mich für eine Stelle beworben und mir wurde direkt gesagt, dass ich doch warten soll, bis mein Kind zur Schule geht. Es war wie in einer anderen Welt dort – als Mutter hat man leider selten die Möglichkeit wirklich Vollzeit zu arbeiten. Mir ist nach einiger Zeit aber einfach die Decke auf den Kopf gefallen. Ich bin gern Mutter, aber ich möchte auch noch etwas anderes tun.
Das verstehe ich. Wie ging es dann weiter?
Relativ schnell haben mein Mann und ich gemerkt, dass Stuttgart keine Region ist, in der wir uns selbst verwirklichen können. Zusammen haben wir den Entschluss gefasst, wieder zurückzukehren. Aber nach zwei Jahren wieder in den Grafikdesignberuf einzusteigen, gestaltete sich dennoch schwierig. Man hat keine genau geregelten Arbeitszeiten, wenn es beispielsweise um eine Deadline geht und mit Kind wollte ich einfach flexibel bleiben. In einem Schmuckkurs hatte ich schon vor Jahren herumgewerkelt und es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Nach und nach kam mir dann die Idee, dass das doch etwas für immer sein könnte. Ich hatte das Glück, hier in Leipzieg noch eine Ausbildungsstelle zur Goldschmiedin zu bekommen und habe die Lehre letztendlich in verkürzter Form durchgezogen.
„Etwas Handgefertigtes schätzen können!“
Was ist das Besondere an der Ausbildung und was sind die Herausforderungen des Berufes?
Die Ausbildung beinhaltet viele Bereiche, an die man nicht als erstes denken würde, zum Beispiel viel Chemie und Physik. Außerdem natürlich Schmiedetechniken und viele Kleinigkeiten, die man immer im Hinterkopf behalten muss. Leider stirbt der Beruf langsam aber sicher aus. Gerade die älteren Goldschmiede haben kopfschüttelnd zu mir gesagt: „Wie kannst Du nur Goldschmiedin werden wollen – das ist doch kein Beruf für die Zukunft!“ Ich denke aber schon, dass sich viele Leute mittlerweile wieder auf die alten Traditionshandwerke zurück besinnen und auch etwas Handgefertigtes schätzen können. Die Produkte von der Stange sind irgendwann begrenzt in Form, Gestaltung und Qualität. Gerade in unserer Generation wird wieder vermehrt Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, das fällt mir auf. Ich finde so ein Handwerk muss auch einfach mal frischen Wind bekommen und vielleicht eine andere Herangehensweise kennenlernen. Viele Goldschmiede, die ich kenne, sitzen alleine in ihrer Werkstatt und sind im Bereich Design relativ begrenzt, gucken nicht über den Tellerrand – da versuche ich eine Brücke zu schlagen.
Seit wann gibt es das Atelier Wolkengold? Hast Du Dich direkt nach Deiner Ausbildung damit selbstständig gemacht?
Mehr oder weniger. Natürlich hat es eine gewisse Anlaufzeit gebraucht, um einen Raum, Werkzeug etc. zu besorgen, aber die Idee war schon länger da. Letztes Jahr im Frühjahr habe ich dann mein Label gegründet. Mein Atelier war anfangs noch eine totale Katastrophe. Die Umbauarbeiten haben sich bis September hingezogen, aber dann ging es direkt los mit den ersten Aufträgen.
Wie würdest Du deinen Stil beschreiben? Gibt es gewisse Dinge, von denen Du dich inspirieren lässt?
Man geht natürlich immer zuerst einmal nach seinem eigenen Geschmack. Ich mag es gern relativ unaufdringlich und eher dezent und zart. Einmal im Jahr fahre ich zur Schmuckmesse nach München, dort beziehe ich mein Material. Ich arbeite viel mit Steinen und Perlen. Ich würde auch gern mehr mit Bernstein arbeiten, aber leider haben die Leute noch gewisse Vorurteile. Ich mag das Material unheimlich gern, weil es total leicht ist. Ich habe relativ viel im Lager und wenn ich nicht explizit sage, dass das Bernstein ist, dann sieht das auch keiner. Das würde ich gern näher in den Fokus rücken, aber das dauert glaube ich noch eine Weile, bis die Leute soweit sind. Ansonsten versuche ich immer relativ unkonventionell an meine Arbeit heranzugehen. Viele meiner Stücke entstehen auch aus Zufall.
Man kann bei Dir sowohl Stücke in Auftrag geben als auch selbst aktiv werden. Wie funktioniert das?
Ich biete zum Beispiel Kurse an, bei denen man seine Eheringe selbst schmieden kann. Das Paar hat dabei einerseits ein schönes Erlebnis und trägt dann einen ganz persönlichen Ring am Finger, zu dem es eine ganz besondere Beziehung hat. Aber auch alle anderen können in mein Atelier kommen und Schmuck nach eigenen Vorstellungen herstellen. Erst letztens kamen zwei Schwestern zu mir, die Schmuck für ihre Mutter zum Geburtstag selbst kreieren wollten. Wir haben das Konzept Stück für Stück erarbeitet und am Ende ist ein ganzes Set entstanden. Ich bin sehr gespannt, wie es ankommt! So etwas freut mich riesig und es macht mir unglaublich viel Spaß, wenn die Leute stolz aus meinem Atelier herauskommen und sagen können: „Das habe ich selbst gemacht!“ Viele sind verblüfft, was man alles beachten muss und wie viel Arbeit in einem einzigen Stück steckt.
Zum Schluß noch unsere obligatorische Kiss&Tell Frage: Hast du einen Geheimtipp für Leipzig bzw. wo bist Du am Liebsten?
Im Sommer essen wir sehr viel Eis in der Softeisbude neben dem Kartoffelfräulein auf der Karl-Heine-Straße.
Oh ja, da sind wir auch gern. Vielen Dank für das Interview, Yvonne!
Nach unserem Gespräch und einer kurzen Stöberrunde in Yvonnes geheimer Materialkiste, verabschiede ich mich und verlasse das gemütliche Atelier im alten Industriebau. „Findest Du den Weg raus?“ – „Ja, ich hab‘ aufgepasst beim Reinlaufen.“ Die Sonne prasselt weiter, aber meine Gedanken sind noch an Yvonnes Werkbank, wo ich mich schon Schmuckstücke für den nächsten Geburtstag schmieden sehe. 😉
Pssst: Wer noch mehr Schmuckstücke von Yvonne bestaunen möchte, folgt am Besten ihrer Facebook Seite.
laura
Hach, die liebe Yvonne! Ich liebe ihren Stil – ihre Schmuckstücke sind einfach wunderschön und einzigartig. (: Es freut mich sehr, dass ihr sie und ihren Schmuck hier vorstellt. (:
Alexandra
Yvonne,
an dich geht ein riesen großes Dankeschön raus.
Unsere Eheringe sind so toll geworden,dass wir uns gar nicht daran satt sehen können.
Wir lieben dich.