Kunst und Kanzlei
Jeden Monat darf ich mich im Auftrag des neuen AHOI Stadtmagazins (habt ihr es schon entdeckt?!) mit spannenden Gründern, jungen Startups und kreativen Pläneschmiedern treffen und in einem Interview mehr über sie erfahren. Bisher getroffen habe ich schon die Gründer der Auwald Destille, der Paulaner Beach Days und der Whole Food Box.
Für die neue Augustausgabe ging es nun in die Leipziger Kunstszene. Im Waldstraßenviertel haben mich Steve und Kilian vom KTR Kunstraum in Empfang genommen und mir das Konzept ihrer Kanzlei bzw. Galerie erklärt. Das Interview lest ihr im AHOI Magazin und in voller Länge natürlich hier auf dem Blog. Et voilá:
Wer seid ihr und was macht ihr?
Steve: Ich bin Steve. Mit meinen Galerieprojekten vertrete ich einen Stamm von Künstlern, die wir in Ausstellungen und Kunstmessen präsentieren. Gemeinsam mit verschiedenen Partnern realisiere ich zudem weitere Kunst- und Ausstellungsprojekte. Derzeit arbeiten wir an einem Galerienetzwerk innerhalb Deutschlands und Europas, aber auch mit Partnern in Asien und den USA, um unseren Künstlern weitere Vernetzungs- und Ausstellungsmöglichkeiten zu bieten.
„Die Kanzlei ist in erster Linie ein Kunstraum, in dem Schreibtische stehen.“
Kilian: Ich bin Kilian von der KTR. Ich bin Anwalt für Gewerblichen Rechtschutz, Urheberrecht, Kunstrecht und Softwarerecht. Ich habe mit meinem Kollegen Tim Schneidewind im Oktober 2015 die Kanzlei KTR in Leipzig gegründet. Die Kanzlei ist aber in erster Linie ein Kunstraum, in dem Schreibtische stehen. Der Raum selbst wird vorrangig von der Kunst bestimmt und nachrangig von dem Kanzleibetrieb selbst. Wir haben aber nicht nur einen neuen Ort für Kunst geschaffen, sondern auch die Arbeitsweise einer Anwaltskanzlei, welches sich zum einen aus dem Raum ergibt und zum anderen aus einem hohen Grad der Digitalisierung. Sowohl die Digitalisierung und das damit einhergehende papierlose Büro als auch der Kunstraum die uns umgebende Kreativität bedingen sich gegenseitig und machen das Ganze erst möglich.
Was ist der KTR Kunstraum? Welches Konzept steckt dahinter?
Steve: Die Kanzlei ist Arbeitsort und Kunstraum zugleich. In regelmäßigen Abständen sind die Türen für jedermann geöffnet und die Kanzleiarbeit verschwindet aus den Räumen. Die Kanzlei ist als Ort der Kunst Teil der Leipziger Kulturlandschaft und ebenso Begegnungsstätte. Auf den Veranstaltungen mit Bezug zu Kunst, Kultur und Wirtschaft treffen sich die verschiedensten Menschen und werden Teil der Community, welche sich um KTR gebildet hat. Kunst- und Kulturschaffende sind eingeladen, den Raum auf Ihre eigene Art und Weise in Beschlag zu nehmen und ihm auf diese Art und Weise immer wieder ein neues Gesicht zu geben.
Kilian: Steve ist mit seiner Galerie einer der Hauptakteure im Kunstraum. Gerade das Konzept, mehreren Akteuren die Tür zu öffnen, bringt Vielfalt und Austausch für alle Beteiligten. Das ermöglicht uns auch die Kunst einem nicht so kunstgewöhnten Publikum zu präsentieren und so auch unseren Beitrag zur Kulturlandschaft der Stadt und des Viertels zu leisten.
Kunst und Kanzlei – wie passt das zusammen?
Steve: Sehr gut. Wie man sieht. Es ist ziemlich normal, dass Kunst in einer Kanzlei hängt. Meist jedoch nur als schönes Beiwerk und es haftet dem Ausstellen in einer Kanzlei nicht unbedingt der beste Ruf an. Wir sind bei unserem Konzept jedoch ein Stück weitergegangen. Hier bestimmt nicht die Kanzlei wo und wie die Kunst zu hängen hat, sondern die Kunst bestimmt den Raum.
Kilian: Zudem passen Künstler und Anwälte besser zusammen als man denkt. Letztlich sind wir Freiberufler, welche vor allem erstmal mit dem Kopf arbeiten. Freiraum und Veränderung ermöglichen mehr Kreativität und neue Perspektiven. Was für Künstler ein klarer Gedanke ist, wird bei Anwälten noch nicht in der Form umgesetzt. Wir haben für uns erkannt, dass bei allen Unterschieden es doch auch wichtige Gemeinsamkeiten gibt, welche uns mit Künstlern verbindet.
„Was für Künstler ein klarer Gedanke ist, wird bei Anwälten noch nicht in der Form umgesetzt.“
Welche Künstler haben schon bei euch ausgestellt?
Steve: Das Spektrum der Künstler/innen mit denen wir zusammenarbeiten ist groß. Alle eint, dass sie großartige zeitgenössische Kunst schaffen. Man könnte sagen, dass der konzeptuelle rote Faden die Intervention ist. Das mag sehr vielfältige Ausprägungen annehmen und sich bis zur Intervention im öffentlichen Raum entwickeln. Einige unserer Künstler arbeiten schon sehr häufig in unterschiedlichster Weise im Öffentlichen Raum und pflegen eine ganz eigene Beziehung zu vielfältigen Arbeiten in der Öffentlichkeit, was in Kombination sehr spannende Ergebnisse hervorbringt.
Kilian: Ich denke auch, dass es meist Künstler/innen sind, welche zeitlich eine ähnliche Biographie wie wir selbst haben. Die vor nicht allzu lange Zeit die wissenschaftliche Ausbildung abgeschlossen haben und nun auf dem freien Markt aktiv sind. Nicht, dass wir andere Biographien ausschließen wollen, aber bisher orientierte es sich immer hieran.
Nach welchen Kriterien wählt ihr die Kunst/Künstler aus?
Steve: Wir verfolgen unseren Job mit großer Leidenschaft. Für uns ist wichtig, dass wir spüren, dass die Künstler ihre Berufung ebenso ernst nehmen, wie wir unsere. Man ist dann sehr schnell auf einer Wellenlänge, auch was das Persönliche angeht. Zur Auswahl der Kunst selbst spielen natürlich auch persönliche Aspekte und Vorlieben eine Rolle. Wenn man einen Künstler eine Weile beobachtet hat, sich in seine Arbeiten hineingedacht und gewissermaßen auch verliebt hat, dann brennt man sprichwörtlich darauf, mit diesem Künstler eine Ausstellung zu machen. Natürlich ist das Schöne daran, dass man die künstlerische Entwicklung nicht nur beobachtet, sondern diese auch begleitet.
„Wir verfolgen unseren Job mit großer Leidenschaft.“
Was können wir aktuell bei euch sehen?
Steve: Aktuell ist die Einzelausstellung Pictures, no faces des jungen Leipziger Malers Konstantin Rosenkranz zu sehen. Die Arbeiten des talentierten HGB-Absolventen spiegeln einem Ausdruck von Transzendenz wider, der durch Farbe und ihr Wirken auf der Leinwand entsteht. Assoziationen zu farbigen Lichtern in einem Raum oder zu digitalen Welten werden hervorgerufen. Die Ausstellung wird bis 21. September 2018 zu sehen sein. Am 10.08. findet die Vernissage statt.
Ist Leipzig eine gute Stadt zum Gründen?
Kilian: Ja, definitiv! Wir haben eine gute Infrastruktur und viele Leute, die Lust darauf haben was Eigenes und Neues zu schaffen. Manchmal könnte man sogar sagen, dass es fast eine zu gute Stadt zum Gründen ist, da hier ein extrem hohes Wohlfühlklima herrscht, welches einen nicht immer gut auf die Härten des Alltags vorbereitet. Das gleiche gilt übrigens auch für Künstler bzw. andere Kreativschaffende. Sie „gründen“ ja auch und möchten gerne von Ihrer Arbeit leben. Das ermöglicht Leipzig schon sehr früh, aber es schaffen dann doch immer relativ wenige auch einen nächsten Schritt zu gehen. Bei Thema Gründen ist natürlich auch die Lage innerhalb Deutschlands äußerst vorteilhaft. Die Möglichkeit mit dem Zug unter vier Stunden in die wichtigsten Großstädte Deutschlands zu kommen, empfinde ich als großen Vorteil.
„Im Sommer fühle ich mich in Leipzig fast wie im Urlaub!“
Wo seid ihr in Leipzig am Liebsten unterwegs?
Steve: Wo soll man da anfangen? Leipzig hat so viel zu bieten. Letztens habe ich erst gedacht, dass ich mich in Leipzig -gerade im Sommer- fast wie im Urlaub fühle. Generell bin ich gern im Park und an den Seen unterwegs. Obendrein ist natürlich mit der dynamischen Kreativ- und Gründerszene und den zahlreichen Ausstellungen in den Museen und Kunsträumen eine spannende Entwicklung in Leipzig spürbar. Es gibt also immer etwas zu entdecken, als dass man sich auf nur ein paar Orte festlegen möchte.
Kilian: Ich bin gebürtiger Leipziger und eigentlich schon immer im Süden, Westen und Zentrum unterwegs. Aktuell findet man mich wohl aber eher im Westen. Meine Lieblingsorte sind aber auch die Leipziger Parks (Rosenthal, Johannapark und Clara-Zetkin-Park). Wenn ich abends mal in der Kneipe bin, dann findet man mich im „stoned!“ in der Kolonnadenstraße. Ansonsten nutze ich gerne die vielen Möglichkeiten die mir Leipzig bietet. Es sind ja nicht gerade wenig.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview erschien in der August-Ausgabe des Leipziger AHOI-Magazins.