„Manchmal ist mir das einfach zu viel!“ schnaufend und augenrollend sitzt meine Freundin Caro auf unserem Balkon. In vier Wochen kommt ihr Baby. Und genau wie ich damals wird sie gerade mit guten und gut gemeinten Tipps überhäuft. Also einfach Ohren zu und durch!?
Welche Ratschläge ich absichtlich überhört habe – und warum das nicht in jedem Fall so schlau war – das verrate ich euch jetzt!
„Iss bloß nicht für zwei!“
Diesen Tipp hat mir meine liebe 89-jährige Omi gegeben. Als sie vor über 60 Jahren ihr erstes Kind bekam, hielt sich noch hartnäckig das Gerücht, dass Schwangere unbedingt „für zwei“ essen sollten. Gesagt, getan! Meine schlanke, zierliche Omi legte sich ordentlich ins Zeug. Und bekam neun Monate später die Quittung dafür: in Form eines süßen Vier-Kilo-Moppelchens und einer schweren Geburt. Bei der nächsten Schwangerschaft riss Oma sich extra zusammen. Für zwei essen? Nein, besser nicht!
Ich hätte auf Oma hören können. Aber es war einfach so schön, mir mal keine Gedanken um meine Figur zu machen. Ich futterte und naschte nach Herzenslaune. Den Bauch streckte ich stolz heraus. Da war ja schließlich mein Baby drin! So nahm ich bei einer Körpergröße von gerade mal 1,60 m munter 20 Kilo zu. Lebkuchen sei Dank allein fünf davon im Monat Dezember.
Auch mein Baby wurde ein Vier-Kilo-Mops, kam aber zum Glück per Kaiserschnitt. Die Quittung gab’s trotzdem – in Form zahlreicher Extra-Kilos, die mir und meinen Lieblingsjeans bis heute Probleme bereiten.
„Pressen, pressen, pressen…!“
Pressen – nein danke! Genauso wie sich viele Frauen nichts sehnlicher wünschen als eine natürliche Geburt, gibt es andere, die sich genau das gar nicht vorstellen können. Ich gehöre zur letzten Kategorie. Als leidenschaftliche Verfechterin des Wunschkaiserschnitts sage ich „Nein“ zur vaginalen Geburt. „Nein“ zu den damit verbundenen extremen Schmerzen. „Nein“ zu Risiken, die ich für mein Kind und mich einfach nicht tragen will. Mein „Nein“ gilt aber auch dem Geburtsleistungsdruck, unter den sich viele Mütter setzen, und den MedizinerInnen, die meinen, mir vorschreiben zu können, was ich als Frau erdulden muss.
Ich werde diesem Thema definitiv einen meiner nächsten Beiträge widmen. Es liegt mir wirklich sehr am Herzen. So viel schon mal vorweg: In meiner Familie gab es mehrere Horrorgeburten – mit drastischen Folgen für Mutter und Kind. Ich hatte keine Lust, die Nächste zu sein, die ihr Leben lang leidet. Deshalb habe ich mich für einen Wunschkaiserschnitt entschieden. Ich musste dafür kämpfen, aber am Ende habe ich mich durchgesetzt – auch dank toller Ärzte und Hebammen, die mich verstanden und meinen Weg unterstützten.
Als Mami kann ich euch nur empfehlen: Informiert euch wirklich gut! Lest Studien! Hinterfragt auch mal eine Meinung. Kaiserschnitt und Vaginalgeburt haben beide Vorteile und Risiken – mit welchen möglichen Folgen ihr besser leben könnt, solltet ihr selbst entscheiden dürfen. Vor allem aber fühlt euch bitte nicht schlecht, wenn ihr einen Kaiserschnitt wollt oder braucht! Jede Geburt ist ein Wunder. Euer Körper gehört euch.
„Schreien ist die Arbeit des Babys!“
Ihr glaubt gar nicht, wie oft ich diesen tollen Tipp bekommen habe. Wer mich kennt, weiß, ich bin ein sanfter, freundlicher Mensch. Bei dem Spruch allerdings könnte ich AUSRASTEN! Für alle, die noch keine Kinder haben: Der Ratschlag zielt darauf ab, Babys im Zweifelsfall einfach brüllen zu lassen. Wenn sie gewickelt und gefüttert sind, haben sie schließlich gar keinen Grund, zu heulen. Das Weinen ist quasi Beschäftigung – die Arbeit des Babys halt.
BULLSHIT!!!
Liebe (werdende) Mamis und Papis – bitte hört nicht auf Leute, die euch sowas raten. Kein Baby weint aus Spaß. Vielleicht heult es, weil es Bauchweh hat, weil es überfordert ist oder weil es sich einfach nach eurer Nähe sehnt!
Unser Sohn hat als ganz kleines Baby zum Glück nicht viel geweint. Wenn ihm doch mal die Tränen kommen, dann trösten wir ihn natürlich. Mittlerweile – mit fast eineinhalb Jahren – meckert er auch mal, um seinen Willen zu kriegen. Aber das ist ok. Wir geben ihm Struktur vor und zeigen, dass nicht alles geht. Das hindert uns jedoch nie daran, unserem kleinen brüllenden Kampfzwerg über den Kopf zu streicheln und ihm zu sagen: „Wir haben dich lieb!“
„Jede Mama kann stillen – du musst dich nur mehr bemühen!“
Ja, Stillen ist toll und definitiv super gesund für ein Kind. Aber es ist auch ganz schön schwierig – zumindest am Anfang und aus meiner Erfahrung. Innerhalb von zwei Tagen nach der Geburt waren meine Nippel komplett wund – mega schmerzhaft, selbst im Vergleich zur frischen Kaiserschnittnarbe! Der Kleine gab sein Bestes, ich natürlich auch. Und trotzdem reichte die Milchmenge nicht.
Mein Baby verzweifelt und hungrig zu sehen, schmerzte mich sehr. Wir weinten viel in diesen Tagen. Nicht einmal Paul konnte uns trösten. Nach drei schlaflosen Nächten empfahlen selbst die Ärzte, etwas Fläschchen-Nahrung zu geben. Als wir wenig später zuhause waren, klappte es dann doch mit dem Stillen. Meine Brüste heilten und es wurde richtig schön.
Dann plötzlich die erste Erkältung! Und eine verstopfte Nase. Wieder mussten wir das Fläschchen holen. Und jetzt merkte der Kleine auch: Hey, das funktioniert ja viel einfacher als an Mamas Brust. Nach einem halben Jahr war schließlich ganz Schluss mit dem Stillen. Er wollte einfach nicht mehr.
Fazit: Stillen ist nicht so leicht und nur bemühen reicht manchmal nicht. Ich wollte eigentlich Langzeit-Still-Mama werden. Vielleicht klappt‘s ja beim nächsten Mal.
„Ein Baby braucht sein eigenes Bett.“
Ja, das stimmt! Und trotzdem schlafen wir im Familienbett. Dabei warnen Ärzte und Hebammen sogar davor: Rutscht das Baby unter die Decke, kann es sich nicht selbst befreien – und erstickt im schlimmsten Fall.
Diesem Risiko bin ich mir bewusst. Trotzdem fühlt sich das Familienbett richtig und natürlich für mich an. Seit der Kleine in meinem Arm schläft, sind wir beide entspannt. Ob das in der menschlichen Natur liegt, kann ich nur vermuten. Als Steinzeit-Mama hätte ich mein Baby jedenfalls nicht in die andere Ecke der Höhle gelegt – wo sich Bären, Wölfe und Kannibalen freuen.
Stattdessen bin ich immer für meinen Kleinen da. Egal, ob er Albträume hat, sich abstrampelt oder einfach meine Nähe sucht. Und falls ihr euch jetzt fragt, ob wir noch ein Liebesleben haben – Na klar! Das findet aber zu anderen Zeiten und an anderen Orten statt.
„Du weißt schon, dass Impfen gefährlich ist.“
Warum habe ich eigentlich plötzlich so viele Verschwörungstheoretiker unter meinen Facebook-Freunden und Spielplatz-Bekanntschaften?
Ganz ehrlich, ich finde Impfen toll! Ich bin heilfroh, dass wir heutzutage diese Möglichkeit haben und viele schreckliche Krankheiten dadurch keine Rolle mehr spielen. Nach der Geburt unseres Kleinen haben wir das Thema diskutiert. Fazit: Wir vertrauen unserer Kinderärztin.
Klar, kann Impfen mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden sein. Aber überlegt doch mal: Wie viele Leute würden krank werden oder gar sterben, hätten wir keine Impfungen gegen Masern, Tetanus und Co.? Ihr möchtet zurück ins Mittelalter? Bitteschön, aber ohne uns!
„Ihr müsst das Kind doch taufen!“
Nein, das müssen wir natürlich nicht. Meine Eltern sind in der Kirche aktiv und hätten es furchtbar gern gesehen. Wir finden aber: Er soll später selbst entscheiden! Religion oder Tradition – das ist uns herzlich egal.
Unser Sohn hat jüdische, katholische, evangelische und wie meine Mama sagen würde „heidnische“ Vorfahren – von Vertretern diverser Naturreligionen mal ganz abgesehen. Ich liebe diese Vielfalt! Und gern kann der Kleine all das kennenlernen und leben. Wir unterstützen ihn dabei.
Vor allem aber versuche ich, ihm so viel Halt zu geben, dass er später keine Dogmen braucht. Er soll sich den großen Fragen des Lebens stellen. Und eigene Antworten darauf finden.
Und was sagt Papa Paul?
„Das Baby ist der Chef. Und Anne ist die Chefin vom Baby. Mir bleibt nur, dafür zu sorgen, dass die beiden glücklich sind.“
Leyla
Ich finde es ganz schrecklich, dass sich heutzutage alle versuchen in meine Schwangerschaft einzumischen, aber da muss man einfach stark bleiben. Vor allem wenn man dann noch ungefragt angefasst wird! Super Artikel.