Viele große Romane behandeln das Thema Liebe und so alt wie die Menschheit selbst, ist sicherlich auch die Frage danach, wen man lieben darf und was die Gesellschaft uns diktiert. Im neuen Roman von Akwaeke Emezi „You made a Fool of Death with your Beauty”, stellt sich die Protagonistin Feyi einer Liebe, die auf den ersten Blick mindestens kontrovers, wenn nicht sogar skandalös ist. Dabei werden Fragen aufgeworfen, die politisch und gesellschaftlich hochaktuell sind und mich zum Nachdenken angeregt haben. Widmen wir uns also in dieser Buchkolumne der Liebe.
Darum geht’s in „You made a Fool of Death with your Beauty”
Die Künstlerin Feyi hat ihre große Liebe bei einem Unfall verloren und braucht Jahre, um wieder flirten, daten und geschweige denn, sich auf eine neue Beziehung einlassen zu können. Auf einer Party lernt sie Milan kennen und beginnt eine kurze, hitzige Affäre mit ihm. Schnell merken die Beiden allerdings, dass sie nicht zueinanderpassen und sie sich immer noch zu anderen hingezogen fühlen – er zu seiner Ex, sie zu ihrem verstorbenen Ehemann. Überraschenderweise entwickelt sich daraus allerdings eine Freundschaft, die auch Bestand hat, als Feyi anfängt mit Milans Freund Nasir zu daten. Dieses Mal möchte sie alles richtig machen und lässt sich Zeit mit ihm. Das Glück scheint perfekt, als Nasir sie zu sich nach Hause auf eine tropische Insel einlädt und Feyi dort die Chance erhält, ihre Werke in einem preisgekrönten Atelier auszustellen. Blöd nur, dass Nasirs Vater Alim eine ganz besondere Anziehungskraft auf sie ausübt und sie schnell merkt, dass es hierbei nicht nur um Verlangen geht, sondern die beiden mehr miteinander teilen, als sie zunächst ahnt.
Ein heißer Sommerroman, der sich nicht in Klischees verliert
Akwaeke Emezi stammt aus Nigeria und wurde 2018 mit dem Roman „Freshwater“ (in der deutschen Fassung „Süßwasser“) bekannt. Seitdem folgten sieben Bücher, in fünf unterschiedlichen Genre, denen allerdings allen gemeinsam ist, dass immer wieder Themen verhandelt werden, die tabuisiert oder von unserer Gesellschaft gemieden werden. Interessant ist hierbei, dass sich die Bücher auf viele Kontexte übertragen lassen, obwohl sie in Nigeria oder den USA spielen. Dennoch erkenne ich einiges wieder, was wir hier auch in Deutschland diskutieren. Dies gelingt nicht vielen schreibenden Personen, ohne in Verallgemeinerungen auszuarten und sollte besonders hervorgehoben werden. Sicherlich gelingt dies Akwaeke Emezi auch so gut, da er:sie sich selbst als nicht-binär definiert und so nicht nur aus der Betroffenenperspektive schreibt, sondern auch als häufig weiblich gelesene Person, diese Seite nachvollziehen kann.
„Als sich der Buchdeckel nach der letzten Seite schloss, musste ich erstmal durchatmen.“
Einen Roman als atemlos zu beschreiben, wirkt beinahe etwas platt und austauschbar, wurde dieser Satz doch sicherlich schon zigmal so in diversen Buchbesprechungen geschrieben. Auf „You made a Fool of Death with your Beauty” passt er allerdings ausgesprochen gut, denn als sich der Buchdeckel nach der letzten Seite schloss, musste ich erstmal durchatmen. Zu aufregend und fesselnd war die Lektüre! Zwar ist der Roman bisher erst auf Englisch* erschienen, aber es ist so ein spannendes Buch, welches mit Tabus bricht und viele Fragen aufwirft, dass ich euch „You made a Fool of Death with your Beauty“ nicht vorenthalten möchte.
Der faber-Verlag bewirbt den Roman, der im Sommer 2022 erschienen ist, als „This summer´s hottest romance…“ und dem kann ich nur zustimmen. Die Seiten knistern nur so und ein bisschen Hetero-Bisexuelles-Liebeschaos hat uns auch noch nicht geschadet. Zum Glück verbleibt Akwaeke Emezi aber nicht in Plattitüden sondern wirbelt unser Konzept von Liebe und Sexualität gehörig durcheinander. Denn Feyi und Alim fallen aus dem vermeintlichen Raster als sie merken, dass die sexuelle Anziehung zwischen den beiden zu Liebe werden kann.
„Ein bisschen Hetero-Bisexuelles-Liebeschaos hat uns auch noch nicht geschadet.“
Fazit: Es kommt Bewegung in die Sache
Nur langsam lösen wir uns in unserer Gesellschaft von tradierten Rollenbildern und Vorstellungen, wie Liebe, Partnerschaft und Familie auszusehen hat. Das traditionelle Rollenbild von Mutter-Vater-Kind hat ausgesorgt und das ist gut so. Wir öffnen uns zu einem breiteren Verständnis, wie Menschen Leben wollen und das bringt uns hoffentlich auch zu mehr Toleranz und Freiheit, für Lebensformen, die erstmal nicht der Norm (was auch immer das ist) entsprechen. Romane wie „You made a Fool of Death with your Beauty” leisten ihren eigenen Beitrag dazu. Aber auch in der Politik und Gesellschaft sind solche Signale angekommen und auch wenn es sicherlich noch ein weiter Weg ist, es tut sich was.
„You made a Fool of Death with your Beauty” ist eine wahre Ode an das Leben! Trotz aller Trauer, Irrungen und Wirrungen feiert das Buch die menschlichen Gefühle, die eben in all ihren Facetten zu uns gehören – und das ist gut so!
*Meiner Meinung nach ist es aber sehr verständlich geschrieben und man kann sich dem Sog des Romans nur schwer entziehen. Wer lieber auf Deutsch liest, dem sei „Süsswasser“ und „Der Tod des Vivek Oji“ empfohlen.