Im Gespräch mit Fachanwältin für Familienrecht Livia Reuter
Wenn die Liebe geht, fangen die Konflikte oft erst richtig an. Als frisch getrennte Single-Mami weiß ich, wovon ich spreche. Nach meiner letzten Kolumne über die neue Lebenssituation haben mir viele von euch geschrieben und Fragen gestellt. Ihr wolltet zum Beispiel wissen, wie wir die Betreuung unseres Babydinos organisieren oder wie ich dem Papa das nicht ganz so angenehme Thema Unterhalt nahegebracht habe.
Ich bin ein harmoniebedürftiger Mensch und weiß, was es bedeutet, nachts wach zu liegen und sich Sorgen zu machen.
Was mir hilft, ist, Probleme nicht aufzuschieben, sondern anzugehen und mich gut zu informieren.
Für viele Fragen rund um das Thema Trennung mit Kind – oder auch Scheidung – gibt es ganz klare Regeln, an denen ihr euch bei Meinungsverschiedenheiten mit eurem Expartner entlang hangeln könnt. Alle Mamas und Papas haben in Deutschland die gleichen Rechte und Pflichten. Niemand darf einfach sagen: Ich zahle keinen Unterhalt. Oder: Du siehst deine Kinder nie wieder.
Woher ich das so genau weiß? Ich habe mich, kurz nachdem unser Papa ausgezogen ist, mit der Leipziger Familienanwältin Livia Reuter unterhalten. Anders als andere Anwälte ist sie auf eine schnelle und unkomplizierte Online-Beratung spezialisiert. Statt gleich böse Briefe zu schreiben, setzt Liv auf Sachlichkeit und Deeskalation. Unter dem Motto „Ask Liv“ klärt sie auf, berät und gibt Hilfe zur Selbsthilfe, damit ihr eure Rechte wahrnehmen könnt.
Mir hat das Gespräch mit Liv extrem viel Ruhe und Sicherheit gegeben. Und natürlich auch eine super Verhandlungsbasis für Gespräche mit dem Papa vom Kleinen.
Aktuell sind wir noch in einer Phase, in der wir austesten müssen, welches Betreuungsmodell für unser Kind und uns am besten funktioniert. Eigentlich wollten wir Großen das Wechselmodell. Der Babydino sieht das etwas anders.
Wie auch immer wir langfristig leben: Ich bin mir sicher, wir finden einen Weg. Und es ist ein gutes Gefühl, Liv dabei im Zweifelsfall als Beraterin und Unterstützerin an meiner Seite zu haben. Ihr seid gerade in einer ähnlichen Situation wie wir? Dann erhaltet ihr in meinem Interview mit Liv – für das wir uns übrigens im zauberhaften Café Röseling in Leipzig getroffen haben – schon mal viele nützliche Infos, mit denen wir euch hoffentlich ein bisschen weiterhelfen können!
Liv, vielen Dank, dass du dir Zeit für uns nimmst. Gerade um Weihnachten herum hört man von vielen Trennungen. Hast du einen Tipp, worauf man achten sollte, wenn plötzlich klar ist: Wir lassen uns scheiden?
Spätestens dann – und unter Umständen sogar schon früher – ist es wichtig, dir einen Überblick zu allen Unterlagen zu verschaffen. Drei Monate später seid ihr vielleicht auseinander gezogen und du musst nach jeder Information fragen.
Du hast noch kein eigenes Bankkonto? Dann leg dir eins an!
Verschaffe dir einen Überblick zu euren Verträgen und euren Versicherungen. Es gibt Frauen, denen nach der Trennung plötzlich das Telefon abgestellt wird oder Männer, die nicht mal wissen, wo sie krankenversichert sind.
Ich kann mich immer gar nicht mit diesem medialen Bild der bemitleidenswerten alleinerziehenden Mutter identifizieren. Ist es eigentlich immer noch so, dass Frauen in solchen Situationen in der schwächeren Position sind?
Vor allem Mütter sind oft finanziell schlechter gestellt. Aber Wissen ist Macht. Man ist ruhiger, wenn man weiß, was kommt. Mach dich unabhängig, lautet die Devise. Die juristische Beratung kann dabei ein ganz wichtiger und hilfreicher Schritt sein.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es sein kann, auf seine Rechte zu pochen. Man möchte schließlich auch nicht, dass der Konflikt mit dem Expartner noch weiter eskaliert.
Das verstehe ich. Aber, wenn du gut informiert bist, musst du dich darum nicht sorgen. Ich erlebe z. B. immer wieder wie Partner versuchen Druckmittel einzusetzen: Du siehst deine Kinder nicht mehr! – Oder: Ich nehme dir dein Geld weg! Ohne mich kommst du nicht klar! Lass dir davon nicht den Schlaf rauben. Zum Beispiel beim Thema Unterhalt.
Es ist klar festgelegt, was dein Partner bei seinem Einkommen zahlen muss und was davon abgezogen werden kann.
In den meisten Fällen haben wir es mit so vernünftigen Personen zu tun, dass diese Informationen reichen. Letztlich wollen doch alle eine Lösung und keinen sinnlosen, teuren Streit vor Gericht.
Was unterscheidet „Ask Liv“ von einer klassischen Kanzlei?
Nach einer Trennung mit Kind oder einer Scheidung zum Anwalt zu gehen, ist für viele Menschen ein großer Schritt. Mit meinem unkomplizierten Online-Angebot möchte ich diesen Schritt erleichtern. Ich bin mit meinen KlientInnen per Du und verzichte bewusst auf Statussymbole. Vertrauen und Verständnis sind mir wichtig. Zudem versuche ich, besonders flexibel zu sein. Manche Mamis haben eben nur in der Mittagspause Zeit oder abends, wenn die Kinder schlafen. Ich passe mich daran an und bin für sie da.
Warum hast du dich für diesen Weg entschieden?
Ich mag meinen Job unglaublich gern. Er ist interessant und abwechslungsreich. Aber die Arbeit in einer klassischen Kanzlei hat mich irgendwann frustriert. Immer dieses Streiten und Dagegenhalten! Das ist eigentlich gar nicht meine Art. Und in vielen Fällen löst es auch nicht die Probleme, sondern verhärtet sie nur. Mit „Ask Liv“ kann ich jetzt das tun, was ich liebe: Menschen beraten und helfen.
In welchen Situationen wenden sich Menschen an dich?
Menschen kommen oft in Situationen zu mir, in denen sich Probleme zum ersten Mal verhärten. Dann gilt es, zu klären: Was sind meine Rechte und Pflichten?
Auf emotionaler Ebene kann man über einen Punkt ewig diskutieren. Aber das Gesetz ist ganz nüchtern, besonders wenn es z. B. um Unterhalt geht. Es gibt auf viele Fragen ganz klare Antworten.
Ich helfe meinen KlientInnen zu ordnen, was das für sie bedeutet, wo sie vielleicht von ihren Wünschen abweichen müssen, aber auch, wo sie sich durchsetzen können.
Auf deiner Webseite schreibst du, dass du lieber im Hintergrund bleibst und nicht gern im Gerichtssaal „rumpolterst“.
Ich versuche meinen KlientInnen vor allem Hilfe zu Selbsthilfe zu geben. Das heißt, ich informiere sie verständlich über ihre Rechte, aber auch ihre Pflichten. Ich erkläre, was sie dokumentieren sollten, welche Unterlagen sie einreichen müssen oder wie viel Unterhalt ihnen zusteht. Ich gebe Checklisten und Musterschreiben mit. Die KlientInnen haben damit eine gute Basis, um ruhig und sachlich mit ihrem Expartner zu kommunizieren und alle wichtigen Schritte in die Wege zu leiten. Böse Briefe und „Rumpoltern“ führen hingegen nicht selten dazu, dass die Menschen gar nicht mehr miteinander sprechen und nur noch über Anwälte kommunizieren. Insbesondere, wenn Kinder im Spiel sind, ist das aber gar nicht zielführend. Jede Familie „funktioniert“ anders. Die Lösung für ein Problem kann daher so individuell sein, da kommen die Gerichte gar nicht drauf.
Aber ist es nicht manchmal auch nötig, klare Kante zu zeigen, wenn der Expartner versucht, einem das Leben schwer zu machen?
Klar, solche Fälle gibt es auch – z. B. bei Gewalt oder Kindeswohlgefährdung. Da ich deutschlandweit berate, gebe ich diese dann an einen Anwalt oder eine Anwältin meines Vertrauens vor Ort ab. In Leipzig komme ich auch selbst mit vor Gericht. Insbesondere für Eltern gilt aber:
Lasst euch erstmal bei der Familienberatung oder beim Jugendamt beraten und versucht eure Probleme selbst zu lösen.
Gerichte erwarten, dass Eltern diese Schritte gehen und ihre Verantwortung wahrnehmen, bevor sie Dritte die Konflikte klären lassen.
Kann ich mich bei dir auch gemeinsam mit meinem Expartner beraten lassen?
Sehr gern. Paare lassen sich bei mir sogar gemeinsam scheiden. Es spart viel Geld, wenn man nicht zwei AnwältInnen engagieren muss. Die Online-Beratung kannst du zusammen mit deinem Expartner oder zum Beispiel auch mit einer Freundin wahrnehmen. Das Thema Trennung ist sehr emotional, da kann es hilfreich sein, einen Menschen deines Vertrauens dabei zu haben, der die vielen neuen Infos notiert.
Liv, hast du zum Schluss noch eine positive Botschaft für Mamis wie mich und die Papas draußen, die sich gerade in einer schwierigen Trennungssituation befinden.
Trennungen sind scheiße. Das kannst du ruhig so schreiben. Aber: Das Schwierigste habt ihr bereits geschafft! Bei der Trennung selbst kann euch keiner helfen. Diesen Schritt müsst ihr alleine gehen. Bei allem, was danach passiert, gibt es Leute, die euch unterstützen können: Familienberatungen, das Jugendamt oder eben ich!
Herzlichen Dank für den Einblick in deine Arbeit, liebe Liv!
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