Eine Kolumne über den Tod und welche Bereicherung in der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit liegen kann
Der Tod ist kein Thema, mit welchem wir uns gerne beschäftigen. Ist die Thematik doch verbunden mit Schmerz physischer und psychischer Art, Abschied und der Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit.
Dabei ist die Auseinandersetzung damit eigentlich unabdingbar, denn früher oder später wird der Tod uns in unserem Leben begegnen.
Und, um einmal etwas cheesy zu werden und dann lasse ich es auch wieder sein für diese Kolumne, der Tod gehört zum Leben dazu. Wenn man sich dies bewusst macht und sich auch ruhig mal öfters vor Augen hält, merkt man, dass jeder Tag in Gesundheit und Zufriedenheit ein Geschenk ist. In ihrem Buch „BYE“ widmen sich die Herausgeberinnen Laura Letschert und Julia Felicitas Allmann genau diesen Themen und werfen einen vielfältigen Blick auf das Ende des Lebens und die Frage, was bleibt für die Angehörigen der Menschen, die gegangen sind und wie kann man in Würde sterben?
BYE – Sprechen über den Tod, Abschied und das, was bleibt
So vielfältig der Tod und der Umgang damit sein kann, so vielfältig sind auch die Geschichten in „BYE“. Es kommen BestatterInnen zu Wort, Menschen, die Angehörige verloren haben oder Kindern erklären müssen, was der Tod bedeutet, es wird über Fluchterfahrungen, suizidale Gedanken und unheilbare Krankheiten gesprochen.
Klingt erstmal nicht so positiv? Stimmt! Und doch sind alle Geschichten äußerst bereichernd, denn sie machen gleichzeitig Mut. Mut, sich der Trauer zu stellen und daran zu wachsen.
Denn, wenn ich mich nicht mit dem Tod auseinandersetze, trifft es mich um so härter, wenn er in meinem Umfeld zuschlägt. Das Ende des Lebens, und seien die Gründe noch so vielfältig, von sich wegzuschieben, verhindert es das nötige Rüstzeug anzulegen, um mit dieser Ausnahmesituation im Leben umgehen zu können. Der Abschied von Menschen geht oft mit einem Bruch in der Biografie einher und der Frage, nach dem Warum? Ein Warum, welches sich nur schwer oder auch gar nicht beantworten lässt.
Auseinandersetzung mit dem Tod
Wie aber setzt man sich mit dem Tod auseinander? „BYE“ liefert neben den Geschichten der unterschiedlichen Menschen auch ganz praktische Impulse. Damit wird es zu einer Art Workbook, um sich besser kennenzulernen. Es gibt immer wieder Anregungen zum Beispiel über Lebenszeit oder den Mut, sich zu öffnen nachzudenken. Oder auch ganz praktisch eine MindMap zu bestimmten Fragen zu erstellen und diese nach dem Lesen einiger Kapitel nochmal zu hinterfragen.
Dabei muss man das Buch keinesfalls chronologisch lesen, sondern kann sich den Geschichten widmen, die spontan mit einem resonieren.
Und ganz wichtig dabei ist es, sich Pausen zu gönnen und mal innezuhalten. „BYE“ muss nicht in einem Zug gelesen werden, sondern sollte unbedingt sacken dürfen.
Wir müssen über den Tod sprechen
Aus eigener schmerzlicher Erfahrung kann ich sagen, wir sprechen zu wenig über den Tod. Ihm wird schlichtweg keine Zeit eingeräumt! Du hast gerade deine Oma beerdigt? Dann kannst du ja morgen wieder zur Arbeit gehen. Du trauerst noch ein Jahr später über den Verlust eines geliebten Menschen? So langsam musst du dich aber auch mal wieder zusammenreißen!
Aus Mangeln an Austausch mit anderen, merken wir kaum, wie unterschiedlich Trauer und der Umgang damit sein kann.
Es fehlt die Möglichkeit, sich mit anderen ehrlich abzugleichen und zu schauen, welche Strategien sie entwickelt haben, wie sie weiterleben können. Zu einem guten Umgang würde auch gehören, dass Trauer mehr Raum in der Öffentlichkeit einnehmen kann. Nicht nur über Gespräche, sondern auch über freie Tage auf der Arbeit, Trauerräume, innovative Ideen.
Wo sind die Startups, die den Umgang mit dem Sterben revolutionieren wollen? Die BestatterInnen, die über den üblichen Eichensarg hinausdenken? Die Gesetzgeber, die mehr Freiräume garantieren?
Ich weiß, dass sich in den letzten Jahren schon einiges getan hat und ich bin sicher, da kommt noch viel mehr. Das Beschäftigen mit der Sterblichkeit tut weh und braucht Mut, gleichzeitig kann es uns aber viel geben und ist notwendig. Nicht zuletzt dank Büchern wie „BYE“, die nebenbeigesagt auch noch ziemlich cool gelayoutet sind, passiert dies immer häufiger. Danke!