Meine Idealvorstellung von Weihnachten sieht wie folgt aus: Ich bin in einer kleinen, gemütlichen Hütte mit meinen Liebsten, es schneit und wenn jemand von draußen hineinschaut, sieht er hellerleuchtete Fenster und Gemütlichkeit.
Vielleicht kennst du von Astrid Lindgren „Tomte Tummetott“, den Weihnachtskinderbuchklassiker schlechthin? So wie in den Zeichnungen, sieht es in etwa in meiner Fantasie aus. Nachdem die Geschenke ausgepackt sind und alle satt und glücklich im Wohnraum verteilt liegen, fangen wir alle an zu lesen. Die eine schmökert in ihrem neuen Historienroman, der nächste ist in einen Krimi versunken und auch ich habe einen dicken Roman vor der Nase. Natürlich prasselt im Kamin auch ein warmes Feuer. Ich gebe zu, das klingt schon sehr romantisierend und die meisten Weihnachtsfeierlichkeiten sind weit von diesem Bild entfernt.
Was jedoch undenkbar ist, ist ein Weihnachtsfest ohne Bücher, denn die gehören für mich immer unter den Baum.
Auch in diesem Jahr möchte ich euch ein bisschen Inspiration für weihnachtliche Buchgeschenke geben, die Jung und Alt gleichermaßen verzaubern dürften. Egal, ob ihr euch selbst beschenken möchtet oder liebe Menschen in eurem Umfeld.
„Japan Yahho!“ Von Eva Offredo – Ein Kinderbuch, welches Erwachsene gleichermaßen verzaubert
In ihrem wunderschön illustrierten Kinderbuch „Japan Yahho!“ stellt uns Eva Offredo acht Frauen und ihre ungewöhnlichen Berufe vor. Sora zum Beispiel ist Papierdrachenkünstlerin und kommt mit ihrem Handwerk dem Himmel und ihren Ahnen ganz nah. Oder Rin, die als Sumoringerin einen Beruf ausübt, der für Frauen eher ungewöhnlich ist. Dank der kurzen Erläuterungen und die besondere grafische Darstellung, lernt man so ganz nebenbei etwas über die japanische Kultur und Sprache, und dass Türen für Frauen nicht verschlossen bleiben müssen, wenn Chancengleichheit geschaffen wird und sie ihren Träumen folgen dürfen. Wer bei den Illustrationen nicht selbst gleich nach Japan reisen möchte, wird vermutlich zumindest den Drang verspüren, sich einige der Bilder aufzuhängen. Einfach nur schön!
„Revolutions“ von Hannah Ross – Vom Glück des Fahrradfahrens und der emanzipatorischen Kraft dahinter
Seit einigen Jahren wird das Radfahren immer populärer. Insbesondere das Gravelbiken im Gelände und Bikepackingtouren von Nah bis Fern sind im Kommen. Viele fasziniert es aus eigenem Antrieb von A nach B zufahren, sich fit zu halten und an der frischen Luft zu sein. Dass das Rad aber insbesondere für Frauen einen emanzipatorischen Charakter hat, wissen vielleicht die wenigstens.
In ihrem Buch „Revolutions–Wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten“ skizziert die Autorin Hannah Ross eindrücklich, welchen Widerständen Fahrradfahrerinnen ab dem 19. Jahrhundert trotzen mussten und wie sie sich bis heute beweisen müssen, um Anerkennung zu bekommen.
Gleichermaßen empowernd, wie auch bedrückend ist es zu lesen, gegen was Frauen ankämpfen mussten und was für enorme Leistung sie abrufen konnten. An vielen Beispielen wird klar, dass, was damals das vermeintlich schwächere Geschlecht war, oftmals deutlich stärker als ihre männlichen Kollegen sein konnte, wenn man sie nur ließ. Ein Buch, welches Lust auf das Radfahren macht, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und eigene Kämpfe auszutragen, die gar nicht unbedingt mit dem Radfahren zu tun haben müssen.
„Der letzte seiner Art“ von Sibylle Grimbert–Eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen Mensch und Tier
Wie fühlt es sich an, dem Aussterben einer Art beizuwohnen? Kann man dies überhaupt überblicken, insbesondere wenn man im 19. Jahrhundert eine Welt vorfindet, die bei Weitem nicht so vernetzt ist wie die Heutige?
Gus, ein französischer Zoologe, reist auf einem Fischerboot vor der Küste Islands mit und wird Zeuge, wie die Besatzung eine Kolonie von Riesenalken auslöscht.
Nur ein erschöpftes und verletztes Exemplar treibt noch im Wasser und wird von Gus gerettet. Er tauft den Riesenalk auf den Namen Prosp und zwischen den beiden entspannt sich ein besonderes Band der Freundschaft. Getrieben aus der Sorge um seinen Freund Prosp, aber auch durch die Hoffnung auf den eigenen Ruhm, schirmt der junge Forscher den Riesenalk ab und zieht durch den hohen Norden, um ihn in Ruhe zu erforschen.
Je mehr Zeit vergeht, desto mehr nehmen Sichtungen und Berichte über Riesenalke ab, bis Gus sich relativ sicher ist, mit Prosp das letzte lebende Exemplar vor sich zu haben.
Es plagen ihn Schuldgefühle und er schämt sich für seine eigene Spezies, den Menschen. Ein berührender, aber auch humorvoller Roman, der zum Nachdenken anregt. „Der letzte seiner Art“ ist dabei auch durch die Schauplätze wie Schottland, Island und Dänemark ein Roman für lange Winterabende.
„Eine Blume ohne Wurzeln“ von Nada Chekh – Übers Aufwachsen in einem Land, welches strukturell für andere gemacht ist
Nadah Chekh wächst als Tochter eines Palästinensers und einer Ägypterin auf. Gemeinsam mit ihren Geschwistern leben sie in den beengten Räumen einer Wohnung eines Wiener Plattenbauviertels. Schnell wird es Nadah dort zu eng, denn sie findet keine Ruhe und fühlt sich erdrückt von den ungeschriebenen Regeln der muslimischen Community. Aber auch die weiße Mehrheitsgesellschaft heißt sie nicht unbedingt willkommen, obwohl Nada in Österreich geboren ist.
Verständnis für ihre Situation von anderen zu bekommen, ist nicht leicht, egal ob von ihrer Therapeutin, Mädchen und Frauen aus ihrer Community oder KommilitonInnen.
Nadah Chekh hat mit „Blume ohne Wurzeln“ ein unglaublich fesselndes Buch geschrieben, welches bei mir für viele AHA-Momente gesorgt hat und berührend von ihrem schweren Weg der Rebellion erzählt.
Eine Biografie, die gleichermaßen von Liebe, wie Zwang geprägt ist, wachrüttelt und uns alle betreffen sollte.
„Betrug“ von Zadie Smith – Wessen Wahrheit zählt mehr?
Mit „Betrug“ hat Zadie Smith einen fesselnden Historienroman geschaffen, der zwischen den Zeilen immer wieder die Frage aufwirft, wessen Wahrheit mehr wiegt. Arm oder Reich? Schwarz oder weiß? Es ist das Jahr 1873 und Mrs. Eliza Touchet arbeitet im Haushalt des einst erfolgreichen Schriftstellers William Ainsworth, der zufällig auch ihr angeheirateter Cousin ist. Wie es dazu kam, kann man zwischen den Zeilen lesen und ist das Geheimnis erstmal entschlüsselt, macht es „Betrug“ gleich noch interessanter. 1873 ist auch das Jahr, in welchem der berühmte Tichborne-Fall stattfindet, der London, wenn nicht sogar ganz England in Atem hält.
Gemeinsam mit ihrer Schwägerin besucht Eliza die Gerichtsverhandlungen und gerät in den Sog, um den verschollenen und nun vermeintlich wieder aufgetauchten Sohn der äußerst wohlhabenden Lady Tichborne, einem ehemaligen Sklaven aus Jamaika, der Hauptzeuge in dem Fall ist und natürlich der Frage nach der Wahrheit.
Zadie Smith spielt mit Wahrheit und Fiktion, genauso wie mit anderen Gegensätzen, und schafft so einen spannenden Roman, der zum Glück mit seinen über 500 Seiten für viel Lesevergnügen sorgt.
Und wenn das Buch beendet ist, gibt es noch genug anderen Stoff von der britischen Autorin zu lesen.
Und jetzt würde ich gerne noch von euch wissen, welches Buch darf dieses Jahr nicht unterm Weihnachtsbaum fehlen und welches Buchgeschenk war für euch das bisher schönste? Verratet es mir gerne unten in den Kommentaren.