Paps IV: Sind moderne Väter Helden?

Unsere Rollenbilder prägen nicht nur das Innenleben von Beziehungen, sondern sie bilden auch handfeste Realitäten und Ängste ab. Doch die können wir überwinden und besser weitermachen, als je zuvor.

Morgens um Neun an der Kita in einer beliebigen Großstadt in Deutschland: Schwer lenkbare Lastenfahrräder werden mit großer Sorgfalt um die Kinder manövriert, putzige Kleinwagen müssen sich schweren SUVs geschlagen geben. Kinderwagen rollen aus allen Himmelsrichtungen mit ihren Kleinen heran. Am Steuer sind längst nicht nur Mütter, das gehört schon lange der Vergangenheit an. Beinahe hat man das Gefühl, dass Papas hier an einigen Tagen sogar die Mehrheit ausmachen könnten. Aber darum soll es jetzt nicht gehen. Vielmehr darum, wie die Menschen in diesem Bild
über Papas an diesem Morgen denken:

Sind das Pioniere, Helden vielleicht sogar? Oder sind es Verlierer?

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„Wo ist eigentlich dein Kind?“

Die Frage mag erst einmal überzogen und provokativ erscheinen. Aber als Mutter kennt man das vielleicht so: Unterwegs auf der Arbeit, nur wenige Monate nach der Entbindung, stolz, endlich wieder die KollegInnen entlasten zu können, kommt da immer wieder diese eine Frage: Wo ist eigentlich dein Kind? Bäm. Schuldkomplex aktiviert. Analog dürfen sich Väter in Kinderbetreuungen gern auch mal fragen lassen, wie lange sie denn nun eigentlich arbeitslos seien. Die Erwartungshaltung basiert nun einmal auf dem Modell der klassischen Rollenverteilung. Und wer da abweicht, kann das ja wohl kaum freiwillig tun. Bäm. Loserkomplex.

Die väterliche Heldenrolle ist doch in Wirklichkeit vor allem eine Pose.

Wie bitte? So: Väter, die am Wochenende auf Spielplätzen eifrig im Einsatz sind oder den Gang zum Eisladen anführen wie ein Feldwebel, tun das in der Regel aus der sicheren Rolle eines Ernährers. Sie können ein modernes Antlitz führen, ohne dass ihre finanzielle Macht und das gesellschaftliche Ansehen in Gefahr wären.

Die Gesellschaft erwartet von Frauen vor allem noch immer die Mutterrolle.

Denn beides, also die Macht in der Beziehung durch das höhere Einkommen und das gesellschaftliche Ansehen durch den Wert der Arbeit, machen einen großen Teil der männlichen Identität aus. Und das ist ein Unterschied zum klassischen Frauenverständnis, von denen die Gesellschaft eben noch immer vor allem die Mutterrolle erwartet. Von daher ist es gar nicht mehr so abwegig, und vielleicht nur etwas, dass morgens um Neun in Männerköpfen vor sich gehen könnte: Das Gefühl, etwas nicht richtig zu machen. Auch wenn es sich noch so richtig anfühlen könnte und sollte, sein Kind morgens abzugeben.

Die wenigsten wollen all ihre Träume unter einer Elternrolle begraben.

Bei Trennungen sind es heute vor allem Frauen, denen ein sozialer Abstieg droht. Alleinerziehende Eltern gelten als akut armutsbedroht und es ist kein Geheimnis, dass es sich dabei vor allem um Mütter handelt. Die Sorge also, ohne Partner plötzlich auch ohne Einkommen oder einem sehr niedrigen Einkommen dazustehen, ist nicht unberechtigt. Und auch ohne die Trennung wollen wohl die wenigsten all ihre Träume unter einer Elternrolle begraben und auf ewig finanziell abhängig in einer Beziehung stecken.

Wie aber kommen wir da nun raus?

Sollen unsere Kinder in Zukunft selbst in die Kita laufen, während die Eltern um die Wette arbeiten?

Ich glaube, wir tun gut daran, unser Männerbild weiterzuentwickeln. Der Freizeitpapa ist gut, aber ein Papa, der auch etwas von seiner möglicherweise einkommensstarken Arbeitszeit opfert, damit Mamas ihrer Arbeit nachgehen können, das ginge einen Schritt weiter. Daraus könnte dann auch ein echter, kleiner Held werden, der sich morgens um neun an den Toren der Kita keine Sorgen um sein Ego machen muss.

Als Autor und freier Journalist ist Richard schon jahrelang mit der Forschung am guten Leben beschäftigt. Seine Themen sind Nachhaltigkeit, Zukunftsutopien und Reisen. Für LAYERS schreibt er über aufregende Reisen, die Schönheit der Langsamkeit im Alltag und das Leben als frisch gebackener Papa.

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