Interview mit Benedict Sebesta
Einer der Gründe, warum wir vor mittlerweile über drei Jahren unseren Blog gestartet haben, war, dass wir Menschen aus Leipzig, die ihrer Leidenschaft gefolgt sind und sich selbstständig gemacht haben, gern eine Plattform bieten und sie lokal bekannter machen wollten. Zu schade wäre es, den kleinen, schicken Laden in der Seitenstraße nicht zu besuchen, weil man schlicht und einfach nicht weiß, dass es ihn gibt.
Im Laufe der Zeit haben wir von der Cupcake-Bäckerin, über Modedesigner und Künstler bis hin zum Möbelrestaurateur, die unterschiedlichsten Menschen und Geschichten kennengelernt und Euch in unserer Rubrik Local Heroes vorgestellt und unsere Interviews und Portraits sind nach wie vor die beliebtesten Artikel auf dem Blog. Das zeigt uns: die Nachfrage nach lokalen Produkten und „echten“ Menschen und deren Geschichten steht, ganz zurecht, hoch im Kurs und setzen in einer Welt voller Großkonzerne und austauschbarer Innenstädte einen bewussten Gegentrend. Doch die Frage, wie man auf die kleinen Dienstleister, Designer und Händler aufmerksam wird, besteht nach wie vor. Gerade, wenn man abseits der eigenen Heimatstadt unterwegs ist, fällt es oft schwer, die wirklichen Perlen zu entdecken. Natürlich kann man auf lokalen Blogs recherchieren, aber diese muss man erst mal finden und – das wissen wir aus eigener Erfahrung – deren Kapazitäten sind natürlich begrenzt und sie können nur einen Bruchteil der wirklichen Szene abbilden.
Genau diese Lücke füllt nun eine Online-Plattform, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die kleinen lokalen Unternehmen für eine breite Masse sichtbar zu machen, ganz egal ob in Hamburg, Köln, Berlin oder eben Leipzig. PRODUCTMATE zeigt im übersichtlichen Pinterest-Stil Produkte, die regional angeboten werden und stellt in einer Art digitalem Schaufenster das dazugehörige Unternehmen vor. So hat man die Möglichkeit sich zu informieren, was es alles gibt und natürlich auch einzukaufen – sei es online oder vor Ort im Laden – und so die lokale Szene zu unterstützen. Ein so simples wie geniales Konzept über das wir mehr erfahren wollten.
Mit Co-Gründer Benedict Sebesta aus Hamburg haben wir über den Trend zum Lokalen, die PRODUCTMATE Philosophie und große Visionen für die Zukunft gesprochen. Viel Spaß mit dem Interview!
„Der Fokus liegt wieder vermehrt auf lokalen Produkten, da die Leute bewusster einkaufen gehen und ihre Region stärken wollen.“
Warum sehen viele deutsche Innenstädte gleich aus und was können wir dagegen tun?
Das Hauptproblem ist die Gentrifizierung: große Ketten wie Starbucks verdrängen kleine Händler. Außerdem macht Online Shopping Einzelhändlern mit geringem Marketingbudget und geringer Sichtbarkeit das Leben schwer. Potentielle Kunden informieren sich heutzutage vorher beim Window-Shopping im Internet, wohin es heute zum Einkaufen geht und welche Produkte man gezielt finden will. Genau hier wird es schwer an die richtigen Infos zu kommen. Zudem sind das Werbebudget und die Ressourcen, die z.B. von Kaufhäusern und großen Ketten in die “online” Auffindbarkeit gesteckt werden, viel höher als von einem Einzelhändler mit eigenem Store. Welcher inhabergeführte Händler kann bei einer AdWords-Kampagne bei 1 – 2 € pro Klick für bspw. „Shoppen + Leipzig“ mithalten? Das können nur die großen Kaufhäuser und Ketten oder man macht es in der Gemeinschaft – genau hier setzen wir an… Der Fokus liegt wieder vermehrt auf lokalen Produkten, da die Leute bewusster einkaufen gehen und ihre Region stärken wollen. Das Bewusstsein für nachhaltige, hoch-qualitative Dinge wächst momentan immer stärker, dies sieht man z. B. im Food- und Getränke-Bereich sehr stark. Die Digitalisierung der lokalen Geschäftsmodelle führt zu höherem Komfort für Verbraucher. Der lokale Handel zieht hier nach, was Online-Shops bereits seit Jahren praktizieren, wird sich auch in Offline-Konzepten etablieren und Mehrwerte für Verbraucher und Geschäfte ermöglichen. Online und offline werden immer mehr zusammenwachsen. Local ist ein Gegentrend zur Digitalisierung. Durch die Abstumpfung der lokalen Sinne, hat sich wieder vermehrt das Bedürfnis nach etwas Echtem, Lokalen entwickelt. „Local“ hat ein enormes Wachstumspotential, da Authentizität und geografische Erreichbarkeit unmittelbar miteinander einhergehen. Es gibt ein enormes Potenzial für digitale Lösungen, die in der analogen Welt stattfinden können. Die Herausforderung für die „old schooler“ ist, sich den neuen Mechanismen zu stellen, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen.
„Wir wollen den außergewöhnlichen Geschäften, Manufakturen und Designern, die ihre Stadt einzigartig machen, eine Bühne bieten und zusammen eine Gemeinschaft bilden, die für Qualität und Individualität steht.“
Was genau ist PRODUCTMATE und welches Konzept verfolgt ihr?
„Make Awesome Things Enjoyable“ – das Beste lokaler Anbieter erlebbar machen. Das ist unsere Mission. Es ist unmöglich, ein Produkt zu suchen, ohne zu wissen, dass es existiert. Wir wollen den außergewöhnlichen Geschäften, Manufakturen und Designern, die ihre Stadt einzigartig machen, eine Bühne bieten und zusammen eine Gemeinschaft bilden, die für Qualität und Individualität steht. Es sind die besonderen und feinen Läden einer Stadt, die ihre Umgebung einzigartig machen. Die Läden, die ihre Produkte mit Herzblut, Liebe und viel Sorgfalt herstellen. Wir glauben, dass jeder die Möglichkeit haben sollte die Vielfalt lokaler Produkte in seiner Nähe zu entdecken. Qualität und Individualität stehen dabei für uns an erster Stelle. Gemeinsam verschieben wir den Fokus von Massenware zu Einzigartigkeit, von der Monotonie zur Produktvielfalt. Wir streben danach, das Leben der Menschen, außerhalb ihrer gewohnten Umgebung zu bereichern und zu inspirieren. Wir erweitern unser Portfolio kontinuierlich, um einzigartige Produkte, Services und Orte aus aller Welt auf PRODUCTMATE zu bündeln. Das Konzept dahinter ist so simpel wie effektiv. PRODUCTMATE entdeckt besondere Dinge abseits des Mainstreams in den Einkaufsstraßen und macht sie online sichtbar. Über Themenwelten und virtuelle Schaufenster werden der Zielgruppe vermeintlich verborgene Schätze ansprechend und menschlich präsentiert. Der User lernt die Macher hinter dem Portfolio über Kurzportraits kennen und kann sich über das Produkt hinaus ein Bild des jeweiligen Stores machen. Die Nutzung von PRODUCTMATE fühlt sich an, wie ein Stadtbummel – kurzweilig und lebendig. So wird online Bedarf geweckt und zum Offline-Kauf animiert. Darüber hinaus können User in Kürze auch Produkte über die jeweiligen Online-Shops der Partner-Unternehmen erwerben. Für unsere Partner-Unternehmen bedeutet die Teilnahme auf PRODUCTMATE außerdem einen Gewinn an Reichweite und Bekanntheit innerhalb einer designaffigen und qualitätsbewussten Zielgruppe. Win-win. Gestartet in Hamburg – unserer Heimatstadt – haben sich seit dem Launch der ersten Betaversion im Jahr 2014 mehr als 600 Geschäfte bundesweit für ein Online-Schaufenster auf PRODUCTMATE entschieden.
Was unterscheidet Euch von Plattformen wie Dawanda oder Esty?
Die Produkte sind alle kuratiert, es gibt keine selbstgebastelten Produkte von Privatpersonen. Partner-Unternehmen haben außerdem mehr Freiheiten und Individualisierungsmöglichkeiten. Mit unseren Partnern streben wir danach, innovative Lösungen zu finden, die den lokalen Einzelhandel nachhaltig fördern. Das bedeutet, wir machen aktiv Werbung für unsere Kunden und Partner-Unternehmen. Entweder in der Gemeinschaft oder über individuelle Kampagnen. Die Kampagnen sind wie die Produkte und unsere Partner-Unternehmen lokal ausgerichtet. Wir probieren auch immer wieder Neues aus, z.B. haben wir im Dezember in Hamburg einen temporären Popup-Store eröffnet, dort haben wir eine Auswahl an Produkten von unseren Partner-Unternehmen aus ganz Deutschland zum Verkauf ausgestellt. Wir sind z.B. auch mit Hotels im Gespräch, Tablets-PCs mit unseren Inhalten den Concierges und Gästen zur Verfügung zu stellen, damit bspw. Touristen oder Geschäftsreisende den bestmöglichen Zugang zu geografisch qualitativen Inhalten bekommen. Wir probieren viel und lernen viel…
Wer gehört zu Eurem Team und wie seid Ihr zusammen gekommen?
Wir Gründer – Bene, Moritz und Matthias – kennen uns schon seit der Kindheit. Mit Moritz bin ich in Hamburg zur Schule gegangen, wir haben zusammen Hockey gespielt und im Viertel abgehangen. Matthias habe ich etwas später kennengelernt in meiner zweiten Schule. Uns verbindet eine ebenfalls lange Freundschaft. Alles was wir erreicht haben, basiert auf unserem Teamgeist und der Zusammenarbeit. Mit Freunden und Weggefährten für diese Mission in dieser Atmosphäre zusammenzuarbeiten, ist einfach super! Unser Team besteht aus Freunden, Weggefährten, alten Schul- und Studienkameraden, Freunden von Freunden und Menschen die etwas anpacken und bewegen wollen, wobei das Alter bei uns keine Rolle spielt. Der MATE, seine Skills und seine Leidenschaft, stehen im Vordergrund.
„Nach und nach verschwinden individuelle inhabergeführte Geschäfte von der Bildfläche. Ein Umstand, den wir nicht tatenlos hinnehmen wollten.“
Wie entstand die Idee zu PRODUCTMATE und warum habt Ihr Euch für diesen Namen entschieden?
Der Kernpunkt von PRODUCTMATE ist ja gewissermaßen die klassische Mund-zu-Mund-Propaganda, sprich das Empfehlen von coolen, innovativen Produkten abseits des Mainstreams durch vertrauensvolle Menschen aus dem Umfeld. Das Wort “MATE”, was diesen hilfreichen und vertrauenswürdigen Menschen aus dem eigenen Umfeld am Besten beschreibt, passte hier also einfach perfekt. Gekommen bin ich auf den Namen durch meine Zeit in England, dort haben wir uns unter Freunden immer mit “MATE” angesprochen. “PRODUCT” lag auf der Hand. Und so habe ich beide Wörter zusammengepackt und mich sehr gefreut, dass die deutsche und amerikanische Domain für ein so starkes, klares Wort frei war, was Potential hat global zu funktionieren. Nach und nach verschwinden individuelle inhabergeführte Geschäfte von der Bildfläche. Ein Umstand, den wir nicht tatenlos hinnehmen wollten. Wir glauben daran, dass die lokale Vielfalt den Reiz einer lebendigen Stadt ausmacht. Sie zu erhalten, haben wir uns mit der Gründung von PRODUCTMATE auf die Fahnen geschrieben. Der international angelegte Firmenname ist kein Zufall. Langfristig möchten wir die Ländergrenzen mit unserem Angebot überschreiten.
Mit wem wollt Ihr zusammen arbeiten?
Mit Machern, Anpackern, Entdeckern und Visionären. Mit Manufakturen, Concept Stores, Designern, exklusiven Ladengeschäften, inhabergeführten Unternehmen und all jenen, die unseren Kosmos durch Ihre Art und Arbeit bereichern und das Leben interessanter machen.
Welche Städte sind schon am Start und welche sollen unbedingt noch folgen?
Aktuell vertreten sind Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Düsseldorf, Köln, Hannover, Stuttgart, Leipzig, Dresden, Weimar, Potsdam und viele weitere kleinere Städte (hier sind z.B. oftmals Manufakturen vertreten). Aktuell befinden wir uns im Auf- und Ausbau jeglicher deutschen Städte mit dem Fokus auf Großstädte mit entsprechenden Ballungszentren zum Einkaufen. Wir gucken da schon langfristig auf Städte außerhalb Deutschlands, die folgen sollen, sofern Deutschland auf einem soliden Level ist von der Anzahl der Partner-Unternehmen sowie der Reichweite. Folgende Städte sollen z.B. unbedingt folgen: Stockholm, Arhus, Kopenhagen, Riga, Oslo, Helsinki, Wien, Zürich, Amsterdam, Barcelona, Paris uvm.
„Wir feiern die Vielfalt!“
Habt Ihr ein persönliches Lieblingsprodukt?
Etwa 15.000 sorgfältig kuratierte Inhalte finden sich mittlerweile auf der Plattform – und die Zahl steigt täglich. Ein persönliches Lieblingsprodukt haben wir nicht. Wir feiern die Vielfalt!
Wo steht PRODUCTMATE in drei Jahren?
Wir haben unser Angebot kontinuierlich, um einzigartige Produkte, Services und Orte aus Europa, die wir auf PRODUCTMATE bündeln, erweitert. Wir überzeugen mit hochwertigen Bildwelten, einem reizvollen Angebot und einer auf Interaktion ausgerichteten Plattform. PRODUCTMATE ist die Anlaufstelle für kurzweilige Shopping-Inspiration mit dem Fokus auf europäische Ballungsgebiete. PRODUCTMATE ist ein smarter Kamerad, der Menschen auf Basis ihres Interaktionsverhaltens sowie ihrer Interessen Inhalte empfiehlt und sie auf dem Laufenden hält.
Ihr habt einen Wunsch frei, welcher wäre es?
Dass die Leute wieder mehr auf den Straßen unterwegs sind und die Vielfalt in Ihren Vierteln mit offenen Augen und Armen auf- und wahrnehmen – denn das Gute liegt doch eigentlich so nah! LIVIN‘ LA VIDA LOCAL!
Wir bedanken uns für das spannende Interview und wünschen den Jungs und Mädels von PRODUCTMATE alles Gute für ihre Vorhaben! Lust bekommen lokal zu Stöbern? Na dann, auf geht’s! Zum Leipzig Channel geht es hier. Folgt den MATES für lokale Inspirationen auch auf Facebook und Instagram! Wenn Ihr ein lokaler Händler, Designer etc. seid, könnt Ihr jederzeit mitmachen – probiert es aus. Alle Infos findet Ihr an dieser Stelle.
