„Lasst euch nicht einreden, dass Selbstständigkeit „selbst“ und „ständig“ bedeutet, weil ihr sonst in kurzer Zeit im Burnout landen werdet.“

Selbst & Ständig – Interview mit Astrid und Claudia von WØHLBEHAGN

Eure Wohnung ist zu klein für die ganze Familie, ihr braucht mehr Stauraum oder fühlt euch mit den vor Jahren zusammengewürfelten Möbeln einfach nicht mehr richtig wohl? Diese Situationen können richtig stressen und sorgen nicht unbedingt für einen gut strukturierten Alltag zwischen Arbeit, Familie und Freizeit. Von diesen Herausforderungen, aber auch wie man sie gut lösen kann, können Astrid und Claudia ein Lied singen. Die beiden Gründerinnen vom Interior Design Studio Wøhlbehagn gestalten euren Wohn- oder Arbeitsraum so um, dass er garantiert (wieder) perfekt zu euch passt.

Astrid, Claudia und ihr Team verwandeln Tiny Bungalows, Airbnbs, Cafés, Büros oder private Wohnungen und Häuser in unverwechselbare, authentische und natürliche Räume zum Wohlfühlen und mit vielen praktischen Details. Dabei lassen sie sich inspirieren vom skandinavischen Einrichtungsstil und achten mit ihrem Interior Design vor allem auf Nachhaltigkeit und hohe Qualität. Ihre KundInnen beraten die beiden Profis nicht nur vor Ort, sondern deutschlandweit auch digital. Wie genau das funktioniert, erklären die beiden im Interview.

Jede von beiden hat neben dem gemeinsamen Business-Baby auch noch drei echte Kinder! Das Thema Vereinbarkeit kennen Claudia und Astrid also nur zu gut und gewähren uns auch hier einen kleinen Einblick in ihren Alltag und wie sie diesen wuppen.

Viel Vergnügen mit dem Interview:

Astrid, Claudia, wann und wieso habt ihr euch dazu entschlossen, euch selbstständig zu machen und was habt ihr vorher gemacht?

Alles fing mit Astrid an: Sie war schon selbstständig als Eventdesignerin und Claudia war als Projektmitarbeiterin im Boot. Da haben wir schnell gemerkt, dass wir genau auf einer Wellenlänge sind und extrem gut zusammen arbeiten können. Erste Aufträge im Bereich Interior flatterten zufällig rein und da war die Idee eines zweiten Standbeins schnell geboren, zumal Claudi sowieso Produktdesign bzw. Möbeldesign studiert hat und ohnehin immer davon geträumt hat, sich als Interior Designerin selbstständig zu machen.

Zusammen als Team schien uns der Traum erreichbar und so gründeten wir Wøhlbehagn.

Mit welchen Herausforderungen treten eure KundInnen an euch heran und wie unterstützt ihr sie konkret?

Das kann sehr unterschiedlich sein. Allen gemeinsam ist auf jeden Fall, dass sie sich in ihren vier Wänden nicht (mehr) wohlfühlen und ihnen ihr eigenes Zuhause nicht das gibt, was sie brauchen.

Ganz besonders helfen wir Familien, deren Zuhause mit der Zeit zu klein geworden ist und die aufgrund des schwierigen Wohnungsmarkts keine größere Wohnung finden.

Stauraum ist hier meist Mangelware und manchmal fehlen auch ein oder zwei ganze Räume. Wir helfen den Familien, indem wir die Räume neu strukturieren, Zimmer tauschen, multifunktionale Raumwunder erschaffen und dadurch das Zuhause vergrößern, obwohl von der Grundfläche kein Quadratzentimeter dazu gekommen ist.

Aber natürlich helfen wir auch weiter, wenn sich Menschen mit ihrem Zuhause selbst nicht mehr identifizieren können, weil z.B. das zusammengewürfelte Sammelsurium aus mit umgezogenen Möbelstücken einfach nicht mehr passt und entwickeln dann ein neues Einrichtungskonzept für sie, das sie selbst wiederspiegelt.

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Küche vorher

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Küche nachher

Was ist euer ultimativer Tipp für alle Familien mit Platzproblem?

Multifunktionale Möbel: Je mehr Funktionen ein Möbel hat, desto weniger Möbel stehen auf der Grundfläche. Ein weiterer Tipp wäre es, den Stauraum bis direkt unter die Decke zu planen. Spiegel können zudem den Raum optisch enorm weiten, während Möbel und Wand im selben Farbton das Möbel optisch „wegschlucken“. Dadurch wirkt der Raum größer. Selbes gilt für verschiedene diffuse Lichtquellen und Uplight beispielsweise lässt die Decke höher wirken.

Ihr arbeitet vor Ort, aber zum Großteil auch online. Wie genau funktioniert das?

Hier vor Ort können wir natürlich nur begrenzt vielen Menschen helfen.

Aber da draußen sind so viele, die verzweifelt sind, weil ihr eigenes Zuhause zu einer Belastung geworden ist.

Deshalb bieten wir unsere Dienstleistung auch online an. Das funktioniert deshalb so gut, weil wir uns am Anfang sehr viel Zeit nehmen, uns bis in die Tiefe mit den Räumen und den Menschen darin zu befassen. Welche Wünsche hat die Person, was braucht sie? Dazu nehmen wir uns in einem persönlichen Videocall und in einem eigens entwickelten Online-Fragebogen viel Zeit und hören genau hin. Mit einem genau ausgemessenen Grundriss, Fotos oder Videos und natürlich unserem superguten Vorstellungsvermögen ist es für uns tatsächlich schlussendlich nicht notwendig, die Räume persönlich gesehen zu haben. Auch weil wir in vielen Fällen mithilfe von 3D-Modellen die Räume einfach auf unseren PC holen.

Was fasziniert euch am skandinavischen Stil?

Die Natürlichkeit und Klarheit, die Wärme und Einfachheit. Außerdem die ausgefeilten, außergewöhnlichen Designs, die Trends überdauern.

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Wie gut wart ihr auf den Schritt in die Selbstständigkeit vorbereitet? Hattet ihr z.B. einen Business Plan?

Dadurch, dass Astrid vorher schon selbstständig war, wussten wir schon weitgehend, was auf uns zukommt. Klar haben wir auch einen Businessplan erarbeitet, aber mit der Gründung von Wøhlbehagn haben wir auch in ein Coaching investiert, um Fehler schon von vornherein zu vermeiden und von denen zu lernen, die schon weiter sind als wir.

Ihr habt beide auch Familie. Wie organisiert ihr euch?

Astrid: Da wir die weitere Familie nicht in direkter Umgebung haben, managen wir das als Kernfamilie weitgehend selbst. Die drei Kids gehen in Krippe, Kita bzw. Schule und in dieser Zeit geben wir alles, um die vielen To Dos und Aufträge zu meistern. Wenn die Kids krank sind, bin ich dankbar für meinen Mann, der dann auch mal einspringt, aber das klappt auch nicht immer und dann sind längere Nachtschichten auch ab und zu notwendig.

Claudi: Auch bei uns wohnt nur ein Teil der Großeltern in der Nähe und sind durch ihre eigene Selbstständigkeit leider nur selten Unterstützung. Auch wir haben drei Kids in Schule und Kita und die Jüngste geht erst seit August 2024 in die Krippe. Seitdem versuche ich jede freie Minute für Wøhlbehagn wieder so gut es geht zu nutzen, Haushalt und vor allem das eigene Wohl bleiben da leider oft auf der Strecke.

Es ist definitiv eine große Herausforderung, Familie und Business unter einen Hut zu bekommen und dabei allen gerecht zu werden.

Was war bisher euer Highlight und gab es schon einen richtigen Fail?

Gleich der erste Auftrag nach der eigentlichen Gründung war ein Fail: Es war eigentlich ein mega Projekt, da wir ein komplettes Haus nicht nur planen, sondern auch in der Umsetzung begleiten und ins Finale bringen konnten. Allerdings gab es immensen Zeitdruck und – das Schlimmste – die KundInnen waren sehr wechselhaft und fordernd.

Wir haben sehr viel mehr Zeit investiert, als wir bezahlt bekommen haben und hatten noch wenig Erfahrung, wie man die eigenen Prozesse so strukturiert, dass solche Situationen gut gemeistert werden oder gar nicht erst auftreten.

Da hatten wir ganz schön zu struggeln. Inzwischen wissen wir wie man damit umgeht, auch wenn wir heute noch oft mehr investieren, aber das aus freien Stücken, weil wir eben das Perfekte für unsere KundInnen wollen.

Ein Highlight war, dass wir dieses Jahr ein komplettes Tiny Bungalow, welches als Wochenendhaus genutzt werden soll, von Grund auf planen durften. Hier konnten wir uns so richtig austoben. Vom kompletten Grundriss inkl. Fenster, Wände und Türen, bis hin zu einer Hochebene mit Treppe und integriertem Stauraum, durften wir den Traum einer durchgestylten Scandi-Design-Wohnung für unsere KundInnen wahr werden lassen und können es kaum erwarten, bis der Bau im Frühjahr beginnt.

Viele Unternehmen scheitern in den ersten Jahren ja leider, weil sich die GründerInnen zerstreiten. Wie habt ihr für euch entschieden, dass ihr die richtige Partnerin für euer Business an der Seite habt?

Siehe oben – wir hatten ja schon vorher die Gelegenheit auszuprobieren, wie wir miteinander harmonieren und das war so gut, dass kein Zweifel bestand, dass ein gemeinsames Business Baby gut gedeihen kann.

Super wichtig ist, dass wir über alles reden.

Wir haben zwar fast immer dieselbe Ansicht bzw. Meinung, aber natürlich gab und gibt es auch mal kniffligere Situationen, in denen wir in den Austausch gehen, um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Damit fahren wir bislang sehr gut.

Welche Aufgabe/welchen Bereich der Selbstständigkeit habt ihr unterschätzt?

Wie viel Zeit all die Dinge einnehmen, die gar nicht in ein Projekt selbst fließen haben wir unterschätzt. Der Bürokram, die Mitarbeiterführung, Marketing, usw. nehmen so immens viel Zeit ein, dass oft für die kreative Arbeit weniger Zeit bleibt als wir uns wünschen würden.

Welchen Ratschlag würdet ihr allen mitgeben, die auch überlegen, sich selbstständig zu machen?

Auf jeden Fall einen richtig guten Plan machen und vor der Gründung mithilfe von Testkunden und Umfragen herausfinden, ob die Idee Potenzial hat oder wie sie so weiterentwickelt werden kann, dass sie zündet. Es hilft auch, sich von Anfang an Unterstützung ins Boot zu holen – am besten auf verschiedenen Ebenen. Das könnte ein Coach auf Businessebene sein, eine/n PartnerIn, der/die absolut dahinter steht oder sich MitstreiterInnen zu suchen – zum einen ggf. MitgründerInnen, auf jeden Fall aber auch eine Community, in der ebenfalls selbstständige Menschen sind, die ein Vorbild sein können.

Ihr solltet euch darüber hinaus nicht einreden lassen, dass Selbstständigkeit „selbst“ und „ständig“ bedeutet, weil ihr sonst in kurzer Zeit im Burnout landen werdet.

Stattdessen bedeutet es, das Business von Anfang an so zu strukturieren, dass es nicht von euch als einzelner Person abhängig ist und ihr langfristig im besten Fall auch mal nur ein paar Stunden arbeiten oder für einen Monat verreisen könnt und euer Verdienst trotzdem reinkommt.

Vielen Dank für das Gespräch und die spannenden Einblicke!

Mehr über Astrid, Claudia und Wøhlbehagn findet ihr auf ihrer Website. Auf ihrem Instagram-Account gibt es außerdem noch viele weitere Einrichtungsinspirationen und praktische Tipps. Schaut unbedingt vorbei!

Was andere Menschen antreibt, ihre Geschichten und persönlichen Erfahrungen, besonders von GründerInnen, interessieren Francis am Meisten. Auf LAYERS findet ihr daher zahlreiche Interviews mit spannenden Persönlichkeiten. Außerdem stellt euch Francis regelmäßig Designfavoriten, Kulturnews und Lieblingsorte vor.

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