Startup Interview mit Jakub Fukacz von „Bio-Hybrid“

Über die Zukunft der Mobilität zwischen Fahrrad und Auto

Ich freue mich sehr, euch nach einiger Zeit mal wieder ein spannendes Startup vorstellen zu können – Noch dazu eins, das nicht nur zu unserem Vergnügen oder einem möglichst schnellen Exit gegründet wurde, sondern das wirklich innovativ ist und daran arbeitet, die Welt ein Stückchen besser zu machen – und das, ohne, dass das Vergnügen dabei zu kurz kommt..

Darf ich vorstellen: der Bio-Hybrid. Wie der Name schon andeutet, eine Mischung aus Fahrrad und Auto. Das gute Stück kommt über einen Elektroantrieb kombiniert mit Muskelkraft zum Fahren und könnte in Zukunft dafür sorgen, dass wir uns im urbanen Raum deutlich platzsparender, leiser und emissionsfrei fortbewegen oder Dinge transportieren können.

2014 entstand die Idee zu dem umweltfreundlichen, innovativen Gefährt und seitdem wird fleißig daran getüftelt. Dazu braucht man aber krasse Expertise? Korrekt. Das Startup aus Nürnberg gehört zur Schaeffler Gruppe, ein global aktiver Zulieferer für die Automobilbranche und Industrie. Schaeffler ist bekannt für innovative Technologien, die Autos sparsamer, sicherer und umweltfreundlicher machen. Unter dem Motto „Mobilität für morgen“ geht Schaeffler, u.a. mit dem Startup Bio-Hybrid, die Herausforderungen der Fortbewegung, vor allem in Städten, an und sucht aktiv nachhaltige Ansätze.

Die Jungs und Mädels von Bio-Hybrid haben sich die beiden Fragen gestellt „Wie werden wir uns in Zukunft umweltfreundlich fortbewegen?“ und „Wie werden wir effizient Waren transportieren?“, denn die meisten Städte wachsen schneller als die dazugehörige Infrastruktur und lebenswerte Städte brauchen neue, zeitgemäße Formen der Mobilität, damit die Straßen nicht vollkommen überfüllt sind und die Luft verschmutzt wird. Logisch, oder?

Ich habe mit Jakub Fukacz, der das Marketing und die Kommunikation verantwortet, darüber gesprochen, für wen der Bio-Hybrid geeignet ist, welche Vorteile er bietet und mit welchen Herausforderungen das junge Startup aktuell zu kämpfen hat.

Bio-Hybrid Schaeffler Jakub Fukacz
Im Gespräch mit Jakub Fukacz, Director of Marketing & Communications der Schaeffler Bio-Hybrid GmbH.
Jakub, wie bewegen wir uns aktuell fort und was ist daran problematisch?

Unsere Städte wachsen immer weiter, in den meisten Fällen schneller als die dazugehörige Infrastruktur. Die Folgen sind verstopfte Straßen, schlechte Luftqualität und Lärm. Nahezu jeder kennt dieses Beispiel: Ein Transporter parkt in zweiter Reihe, dahinter hupende Autos, und von vorn bahnt sich ein Sprinter seinen Weg. Haarscharf vorbei an Radfahrern, die den Lieferwagen umkurven. Der Fahrrad-Anteil am deutschen Modal-Split lag 2017 bei nur drei Prozent. Im Vergleich nahm das Auto mit nur einem Fahrer 55 Prozent ein. Wir brauchen neue, saubere Mobilitätskonzepte. Unserer Ansicht nach kann das nur mit einem Nebeneinander verschiedener Systeme funktionieren. Ein sinnvoller Mix, fein abgestimmt und vernetzt. In den Städten der Zukunft nimmt in diesem Zusammenspiel das Fahrrad eine zunehmend wichtigere Rolle ein. Das klassische Auto als Fortbewegungs- und Transportmittel steht vor einem Wandel. Es ergibt keinen Sinn, 80 Kilo in einem zwei Tonnen schweren Auto zu transportieren.

„In den Städten der Zukunft nimmt in diesem Zusammenspiel das Fahrrad eine zunehmend wichtigere Rolle ein.“

Was muss sich im Bereich Transport ändern und wie können wir dazu beitragen?

Die Städte müssen wieder lebenswerter, der Verkehr und Gütertransport entzerrt werden. Jeder kann dazu beitragen. Wenn ich mir den boomenden Onlinehandel anschaue, der bis 2022 jährlich um zehn Prozent wachsen wird, sollten wir beispielsweise versuchen, den Wirtschaftsverkehr auf neue Konzepte zu verlagern. Die Menschen lechzen nach neuen Mobilitätsformen. Möglichst welchen, bei denen man nicht im Stau stecken bleibt. Der Bio-Hybrid darf in Deutschland normale Radwege nutzen, der Kurierfahrer fährt lokal emissionsfrei am Stau vorbei. In dem Fall reichen dann auch Geschwindigkeiten von bis zu 25 km/h, um pünktlich anzukommen.

Bio-Hybrid
Den Bio-Hybrid gibt es in zwei Varianten: Cargo und Passenger.
Wie entstand die Idee?

Die Idee entstand auf einem weißen Blatt Papier im zentralen Innovationsbereich bei Schaeffler. 2016 wurde der Bio-Hybrid zum ersten Mal als Vision für den Individualverkehr im urbanen Raum präsentiert. Aus dieser Vision wird nun Realität. In einer Start-up-Struktur – ich würde vielleicht eher von einem Spin-off sprechen – haben wir nun die Aufgabe, den Bio‑Hybrid zur Serienreife zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.

Für wen ist der Bio-Hybrid spannend?

Konkrete Anwendungsfälle gibt es zuhauf. Einen wertvollen Nutzen sehen wir beispielsweise im Warentransport bei Kurier-Express-Paketdiensten (KEP), der gesamten Mobilität auf modernen Campus-Arealen sowie Werksgeländen. Weitere Zielgruppen sind Städte und Gemeinden. Wenn du an den direkten Endkunden denkst, stehen im zweiten Schritt sicherlich Pendler, junge Familien und die sogenannten Silver-Driver im Fokus. Eine etwas philosophischere Antwort wäre: für alle, die wie wir neu denken und die Mobilität verändern wollen. Pioniere, mutige Menschen, Organisationen und Firmen mit dem Wunsch, den Unterschied machen zu wollen.

Wie viel kostet ein Bio-Hybrid und wann kommt er auf den Markt?

Wir verfolgen das Ziel, ab Ende 2020 in Serienproduktion zu gehen. Zu den Preisen kann ich mich leider noch nicht äußern. Je nach Plattform, Antrieb, Ausstattung und Anforderungsprofil des Kunden sowie dem Einsatzzweck wird der Preis variieren. Unsere Aufgabe ist es, den Bio-Hybrid zu einem marktgerechten und vernünftigen Preis anzubieten. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen.

Bio-Hybrid
Beim Cargo sind viele Aufbauten möglich. Pick-up, geschlossene Box, Kaffeemaschine und vieles mehr.
Wie ist das erste Feedback auf die Prototypen? Welche Frage wird euch am häufigsten gestellt?

Wir haben nach der Weltpremiere auf der diesjährigen CES in Las Vegas querbeet sehr viel positives Feedback und Zustimmung bekommen. Die Idee von unserem Mobilitätskonzept kommt an. Viele Fragen bekommen wir zum Thema Reichweite, Verkaufsstart oder Stauraum. Aber auch vermeintliche Kleinigkeiten stehen im Fokus. Gibt es einen USB-Anschluss? Kann ich den Sitz verstellen? Wir bemühen uns, alle Fragen so schnell es geht zu beantworten und freuen uns über jeden Kontakt. Und ja, die genannten Features gibt es.

Ihr seid ein Start-up, das aus einem Konzern heraus entstand. Welche Vor- oder auch Nachteile bringt das mit sich?

Es geht darum, sich in einem bestimmten Umfeld zurechtzufinden und mit den gegebenen Möglichkeiten zielgerichtet das Bestmögliche zu erreichen. Beim Bio-Hybrid war schnell klar, dass wir eigene Botscha­ften vermitteln wollen und andere Zielgruppen ansprechen. Einfach ganz anders kommunizieren. Emotionaler. Dass potenzielle Kunden auf der Website und in Social-Media-Kanälen geduzt werden, war in einer Konzernstruktur schwer vorstellbar, bei uns aber eine bewusste Entscheidung. Hier nutzen wir mit der eigenen Marke Bio-Hybrid unsere Freiheiten. Dass Schaeffler den Mut hatte, dieses Thema auszugliedern, uns unterstützt und wir auf einen Weltkonzern mit technischem Know-how bauen können, ist natürlich ein Vorteil. Birgt gleichzeitig aber auch Verantwortung. Damit muss man umgehen und das tun wir.

„Die Bio-Hybrid ist wie eine große Familie, bei der jeder den Extraschritt geht.“

Wie groß ist euer Team und was ist aktuell eure größte Herausforderung?

Im Moment sind wir eine zwölfköpfige Mannschaft, die sich bis Ende des Jahres verdoppeln soll. Herausforderungen gibt es viele. Schließlich entwickeln wir ein komplett neues Fahrzeugkonzept, bei dem viele Teile extra für den Bio-Hybrid produziert werden. Neben einem neuen Produkt müssen wir parallel Strukturen und Prozesse aufbauen, Arbeitsabläufe definieren, Vertriebswege festlegen, ein neues Marktsegment definieren. Es wird nie langweilig, aber genau das ist der Reiz. Die Bio-Hybrid ist wie eine große Familie, bei der jeder den Extraschritt geht. Ohne diese Begeisterung wäre es aber auch nicht möglich.

Bio-Hybrid
Kein Lärm und keine Abgase, aber dennoch stabil und fast so leicht wie ein Elektroroller.
Was ist eure Vision und wo seht ihr euch in zehn Jahren?

Endlich darf ich mal unseren Visions-Text zitieren (lacht). Aber Spaß beiseite, wir nehmen das sehr ernst. Im Zentrum steht die individuelle und vernetzte Mobilität, denn sie bedeutet Freiheit und Selbstbestimmung. Wir wollen Räume schaffen mit einem Produkt, das den Menschen und sein Erleben in den Mittelpunkt rückt: für eine neue Form der Fortbewegung und Transportmöglichkeit, die sich nicht nur gut anfühlt und Spaß macht, sondern auch emissionsfrei und zeitgemäß ist. In Zukunft würde ich mir grundsätzlich wünschen, dass neue und saubere Mobilitätskonzepte in einem Modalsplit eine relevante Größe einnehmen. Klar, wenn wir dabei eine wichtige Rolle einnehmen, umso besser.

„Mach das, von dem du überzeugt bist, und zwar mit voller Begeisterung und Leidenschaft.“

Welchen Tipp würdet ihr jungen Gründern mit auf den Weg geben?

Ich kann nur für mich sprechen. Mach das, von dem du überzeugt bist, und zwar mit voller Begeisterung und Leidenschaft. Das steht für mich an erster Stelle, weil man nur so in der Lage ist, neu zu denken und mutige Entscheidungen zu treffen. Wenn du dann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bist, lässt sich mit etwas Glück und Arbeit einiges bewegen.

Vielen Dank für das Gespräch! Ich bin gespannt, wann ich den ersten Bio-Hybrid über Leipzigs Straßen flitzen sehe! 

Wer up to date bleiben möchte: News rund um Bio-Hybrid findet ihr auf dem Blog und auch auf den Youtube-Channel von Bio-Hybrid lohnt sich ein Klick.

Was andere Menschen antreibt, ihre Geschichten und persönlichen Erfahrungen, besonders von GründerInnen, interessieren Francis am Meisten. Auf LAYERS findet ihr daher zahlreiche Interviews mit spannenden Persönlichkeiten. Außerdem stellt euch Francis regelmäßig Designfavoriten, Kulturnews und Lieblingsorte vor.

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