LAYERS Autorin Anne wagt das Experiment Familienhotel
Wenn wir Kinder bekommen, kehrt damit auch ein Stück weit unsere eigene Kindheit zurück. Vielleicht nicht ganz am Anfang, wenn sich alles einfach super anstrengend und überfordernd anfühlt. Aber spätestens, wenn ihr den ersten Sommer zwischen Sandkasten und Eisauto verbringt, gemeinsam Feuerkäfer und Schäfchenwolken bestaunt und wöchentlich aufgeschürfte Knie reparieren müsst, wisst ihr wahrscheinlich, was ich meine. Ein wunderbares Gefühl!
„Wenn ich meinem Sohn das gebe, was ich in meiner eigenen Kindheit vermisst habe, macht mich das genauso glücklich wie ihn und heilt so manche meiner eigenen Wunden.“
Ich würde sogar noch weiter gehen. Ein Bekannter meinte kürzlich: „Bevor ich Papa geworden bin, hatte ich immer ein Loch in meinem Bauch. Und das ist jetzt zu.“ Das konnte ich so gut verstehen! Als Mama liebe ich unendlich und werde unendlich zurück geliebt. Ich bin nie mehr einsam. Und ich fühle mich so nah im Denken und Fühlen mit meinem Kleinen. Wenn ich meinem Sohn das gebe, was ich in meiner eigenen Kindheit vermisst habe, macht mich das genauso glücklich wie ihn und heilt so manche meiner eigenen Wunden.
Unser süßer Babydino bekommt deshalb ganz viel Liebe und Aufmerksamkeit. Kuscheln, Zuhören, Mitspielen, Trösten und Loben statt Meckern und vor allem Gefühle und Bedürfnisse ernst nehmen – ich denke, für eine glückliche Kindheit ist das ein gutes Rezept. Manch kritischer Zeitgenosse mag zwar meinen, ich verwöhne ihn zu sehr. Bitte schön – ist mir egal! Liebe macht Kinder stark. Davon bin ich fest überzeugt.
Insofern verwundert es euch sicher nicht, dass ich zu den liebevollen, nervenstarken und aufopferungsbereiten Eltern gehöre, die sich an das Experiment Familienhotel wagen. Im Sommer 2022 war es bei uns so weit. Mit Kinderwagen, Koffer und Krokodil im Gepäck ging es per Bahn nach irgendwo im Nirgendwo zwischen sanften Hügeln, Tannenwäldern und Weizenfeldern zu unserem ersten Urlaub im Kinderhotel. Ausgesucht hatte es eine gute Freundin, die uns mit ihrer Tochter begleitete. Ein gemütliches 3-Sternehaus mit allem, was das Herz kleiner Räuber begehrt – Spielplatz, Trampolin, Bällebad, Indoor- und Outdoor-Pools, Heuboden, Kindermenü und und und.
„Ich checke ein und bestelle direkt eine Erholungsmassage.“
Schon bei der Ankunft riesige Glücksgefühle bei mir und meinem Kleinen! Ich bin völlig erschöpft von der Reise und spüre sofort: Die MitarbeiterInnen wissen um die Nöte der Mütter und Kinder. Der Babydino wird direkt mit Eis versorgt und von der Dame am Empfang zum Treckerspielen begleitet. Ich checke ein, bestelle direkt eine Erholungsmassage und gehe dann in Ruhe aufs Zimmer.
„Spätestens, wenn beim Abendessen an drei Nachbartischen kleine Gäste weinen, wisst ihr, dass ihr im Familienhotel angekommen seid.“
Es folgen fünf herrliche, sonnige Tage. Morgens kuscheln wir lange, bevor es in aller Ruhe zum Frühstück geht. Dann heißt es: Hasen und Ziegen füttern! Reiten gehen! Eine Bude bauen! Jeden Tag erwartet uns ein buntes Programm mit Waldspaziergängen, Basteln und Versteckenspielen. Zwischendurch geht’s immer wieder aufs Trampolin, ins Bällebad oder in den Pool. „Mami hüpfen!“ ruft mein Kleiner. Und ich hüpfe so doll ich kann! – Meine Chance, die Kalorien vom Buffet zumindest ein bisschen abzubauen. „Das ist kein Kinderhotel, das ist ein Mami-Bootcamp“ erkläre ich meiner Freundin lachend. Aber ganz im Ernst: Spätestens, wenn beim Abendessen an drei Nachbartischen kleine Gäste weinen, wisst ihr, dass ihr im Familienhotel angekommen seid. An Ruhe ist auch danach nicht zu denken: Die richtig coolen Kids treffen sich schließlich noch zur Kinderdisco am Pool.
„Im Mikrokosmos Kinderhotel treffen viele unterschiedliche Bedürfnisse und Erziehungsstile aufeinander.“
Und damit sind wir auch schon mittendrin im Thema Aufopferungsbereitschaft. Ja, ein Aufenthalt im Kinderhotel kann entspannt sein – oder euch in den Wahnsinn treiben. Ich sage es mal so, je toleranter und relaxter ihr seid, desto mehr werdet ihr euren Aufenthalt genießen. Schließlich treffen im Mikrokosmos Kinderhotel viele unterschiedliche Bedürfnisse und Erziehungsstile aufeinander. Ein typisches Beispiel: Euer Kind soll Mittag essen. Das Kind am Nachbartisch ist schon fertig und bekommt ein Eis. Das weckt natürlich Eis-Gelüste. Also, dem Nachbarkind das Eis verbieten? Keine gute Idee. Noch so ein Fall: Ihr beobachtet, dass andere Kinder von zwei, drei Jahren mehr oder weniger den ganzen Tag sich allein überlassen sind. Mir tut sowas leid. Aber ich weiß eben auch, dass ich die anderen Eltern nicht ändern kann und dazu nichts sagen brauche. Wir haben solche Kinder einfach bei uns mitspielen lassen.
Wenn ihr es sehr genau mit gesundem Essen, Ruhezeiten und einer qualifizierten Betreuung nehmt, informiert euch lieber vorher gut. Nichts davon ist selbstverständlich! Die Standards in Familienhotels sind einfach total unterschiedlich. Mir machen Pommes mit Ketchup als Ausnahme zum Mittagessen genauso wenig aus, wie mit meinem Sohn noch abends um neun über das Gelände zu tollen – insofern konnte ich mich wunderbar entspannen. Kinderbetreuung im Urlaub sehe ich eher skeptisch, weil ich selbst als Mädchen schlechte Erfahrungen gesammelt habe. Deshalb bin ich bis auf ganz kurze Pausen lieber immer dabeigeblieben.
„Gesundes Essen, Ruhezeiten und eine qualifizierte Betreuung sind nicht selbstverständlich!“
Mein Fazit: Wir fahren gern wieder ins Kinderhotel. Es ist zwar echt ein teurer Spaß, dafür aber ein wahres Paradies für die Kleinen. Auch als Freundinnen mit Kindern zu reisen, war eine richtig gute Idee. Nach gutaussehenden Daddys haben wir zwar umsonst Ausschau gehalten. Zu kichern gab’s aber trotzdem immer was. Und mein Babydino erzählt mir jetzt noch fast jeden Tag, dass er wieder in den Urlaub fahren will. Zum Glück ist es bald wieder soweit!