Ein Gespräch mit dem Chocolatier aus Erfurt
Wer von Euch schon einmal in Erfurt war und über die historische Krämerbrücke geschlendert ist, der kennt mit Sicherheit die Goldhelm Schokoladenmanufaktur. In ganz Deutschland und darüber hinaus, ist sie für ihre schokoladig-fantasievollen Kreationen bekannt. Verantwortlich dafür ist Inhaber Alexander Kühn, den ich in seiner Heimatstadt für mein nächstes Zuginterview getroffen habe.
Wie immer gibt es das Interview sowohl hier auf dem Blog als auch analog in den S-Bahnen und an den Stationen in ganz Mitteldeutschland im S-Takt Magazin zu lesen. Viel Vergnügen!
„Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man bekommt“, sagte einst Forrest Gump im gleichnamigen Film. Da hat er allerdings nicht mit meinem heutigen Interviewpartner Alexander Kühn von der berühmten Goldhelm Schokoladenmanufaktur aus Erfurt gerechnet. Der macht seine Pralinen nämlich einfach selbst und hat sich in den letzten 13 Jahren seine ganz eigene Schokoladenwelt aufgebaut. Als am Anfang kein Mensch in seinen Laden auf der Krämerbrücke kam, stellte er sich kurzerhand mit Kostproben auf die Straße. Seine Leidenschaft, Kreativität (Alexander illustriert z.B. alle Verpackungen selbst) und die Liebe zum Handwerk haben ihn immer wieder angetrieben und lassen seine vielen Ideen munter weiter sprudeln. Am Erfurter Hauptbahnhof treffe ich Alexander, der sich kurz nach Ankunft seines Zuges aus dem Thüringer Wald eine Stunde Zeit für mein Fragen nehmen kann. Ich erfahre wo Alexanders Lieblingsort in Erfurt ist, welche seine erste eigene Schokoladenkreation war und warum ihm auf dem Rennrad die besten Ideen kommen.
„Schokolade verbindet alles Schöne.“
Alex, warum Schokolade?
Zum einen natürlich, weil ich Schokolade selber sehr gerne mag und weil Schokolade alles Schöne verbindet. Zum anderen wusste ich nicht so richtig, was ich mit den vielen Dingen, die mich interessieren, anfangen soll. Ich mag Musik, ich zeichne und koche gerne und all diese Dinge haben sich im Schokolade machen vereint.
Erinnerst du dich noch an deine erste selbstgemachte Schokolade?
Ja, die war mit rosa Pfeffer. Ich mache sehr gerne verrückte Sachen und experimentiere viel. Andererseits liebe ich auch die Klassiker, bei denen man richtig die reine Kakaobohne schmeckt. Aber meine allererste Schokolade war eine mit einem leichten Hauch von rosa Pfeffer, das werde ich nie vergessen.
Welche Menschen kommen zu dir in die Manufaktur?
Das sind alles Genussmenschen und Feingeister. Wer sich für Schokolade interessiert, hat auf jeden Fall ein gutes Herz. Die Leute wertschätzen das Handwerk, das bei uns in jeder Tafel steckt. Die Menschen sind sehr interessiert, lebensbejahend und fröhlich. Schokolade schafft einfach ein positives Umfeld und das merkt man bei den Kunden.
„Wer Schokolade mag, hat ein gutes Herz.“
Was würdest du jemanden raten, der heute Chocolatier werden möchte?
Eine Ausbildung zum Chocolatier gibt es ja nicht. Ich würde also raten erst mal Konditor zu werden und sich dann auf Schokolade zu spezialisieren. Es ist auf jeden Fall ein harter Job und man muss viel Leidenschaft dafür mitbringen. Wenn die da ist, hat man gute Chancen.
Woher kommt deine Leidenschaft?
Die Leidenschaft zur Schokolade und zum Handwerk war schon immer in mir. Außerdem habe ich das Glück und die Freude an einem so schönen Ort wie der Erfurter Krämerbrücke arbeiten zu können. Ganz am Anfang kam kein Mensch in meinen Laden, da bin ich rausgegangen und habe die Leute mit Schokoladenproben in der Hand angesprochen. Jeder einzelne, der damals reinkam, hat mich motiviert, weiterzumachen. Noch heute kommen Kunden zu mir, die vor 13 Jahren das erste Mal da waren und sich heute ber die Entwicklung der Manufaktur freuen. Ich bin sehr froh, dass Handwerk heute überhaupt noch so eine Chance hat und so wertgeschätzt wird. Das ist nicht selbstverständlich. Dass meine 70 Mitarbeiter und ich von unserer Handarbeit leben können, ist ein großes Geschenk und wenn die Leute uns sagen, dass sie sehen was da für eine Leidenschaft dahintersteckt, ist das die größte Motivation.
Wo bist Du aufgewachsen?
Hier in Erfurt. Nach der Wende habe ich allerdings erst mal ein One-Way Ticket nach Australien gebucht und mir die Welt angeschaut. Ich glaube das war auch sehr wichtig für mich, um meine innere Einstellung kennenzulernen. Ich bin anders wiedergekommen, viel bewusster. Als ich wieder in Erfurt war, habe ich festgestellt, was das für eine tolle Stadt ist. Jetzt bin ich total glücklich hier zu sein, weil ich einfach weiß, was ich hier habe.
Deine Lieblingsstadt?
Definitiv Erfurt. Man kann hier in den Zug einsteigen und ist in 30 Minuten im Thüringer Wald und dann fährt man eine halbe Stunde zurück und man hat ein vielfältiges Kulturangebot. Diese Mischung aus Natur und Kultur habe ich in dem Maße noch nicht erlebt.
„Im Zug hat man mal wieder Zeit zu sich zu kommen.“
Zug ist ein gutes Stichwort. Warum sollten die Menschen mehr Zug fahren?
Zug fahren ist für mich etwas, um immer wieder zu sich selber zu kommen. Wo sitzt man heutzutage noch irgendwo rum und sinniert und guckt einfach aus dem Fenster? Wie Astrid Lindgren einmal gesagt hat – Heute muss man ja auch noch Zeit haben, um einfach mal nur so vor sich hin zu schauen. Das ist für mich nur noch im Zug möglich. Man hat mal wieder Zeit zu sich zu kommen.
Was ist dein Lieblingsfortbewegungsmittel?
Definitiv das Rennrad. Ich fliege nicht gerne und deshalb bevorzuge ich immer die Fortbewegungsmittel, die Bodenhaftung haben.
Mit wem würdest du gerne mal einen Kaffee trinken gehen?
Ich habe jeden Tag mit vielen Menschen zu tun und genieße es daher auch mal alleine einen Kaffee zu trinken.
Was inspiriert dich?
Wenn ich Rennrad fahre oder im Zug sitze, dann habe ich wirklich mal Zeit den Moment zu genießen. Wenn man dann loslässt, fallen einem Ideen ein, die einfach gut sind.
Worauf bist du stolz?
Auf das was ich mit der Goldhelm Manufaktur geschaffen habe. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal 70 Mitarbeiter haben werde. Ich bin stolz darauf, dass ich nicht irgendwo auf Arbeit gehen muss und etwas tun muss, wohinter ich nicht stehe. Ich habe mir stattdessen eine Welt geschaffen, wie sie mir gefällt und kann das machen, was ich will. Ich habe neulich zum Beispiel in der Nähe von Erfurt einen Bauernhof gekauft, wo wir unsere eigenen Zutaten für die Schokolade anbauen wollen. Solche Dinge umsetzen zu können, das motiviert mich und darauf bin ich stolz.
Was kannst du gar nicht?
Ach, viele Dinge. Darüber denke ich aber gar nicht so genau nach. Wenn ich etwas nicht kann, ich es aber können will, dann versuche ich einfach etwas dagegen zu tun. Der Wille ist das Entscheidende.
„Von meinen Reisen habe ich viele gute Rezepte mitgebracht und kombiniere sie oft mit eigenen Einfällen.“
Was kochst du für deine Freunde, wenn sie dich besuchen?
Ich koche sehr gerne frisch und regional. Von meinen Reisen habe ich viele gute Rezepte mitgebracht und kombiniere sie oft mit eigenen Einfällen. Selten lege ich mich vorher fest, sondern koche das, wofür ich die besten Zutaten bekomme.
Was machst du, wenn du am Wochenende Freizeit hast?
Ich versuche die meiste Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Das ist mir das wichtigste. Früh fahre ich Rad und am Nachmittag sitze ich im Garten. Da kann ich zur Ruhe kommen und bin in der Natur. Ich bin fest der Meinung, dass die Welt friedlicher wäre, wenn wir alle ein bisschen mehr Natur genießen würden.
„Ich bin fest der Meinung, dass die Welt friedlicher wäre, wenn wir alle ein bisschen mehr Natur genießen würden.“
Wo ist für dich der schönste Ort in Erfurt?
Die Krämerbrücke. Die ist wie ein kleines Dorf inmitten der Stadt. Hier geht es gemütlicher und gefühlvoller zu als im Rest der Stadt.
Deine Schokolade in drei Worten?
Liebe, Leidenschaft, Ideen.
Du in drei Worten?
Liebe, Leidenschaft, Ideen.