Wir stellen vor: die Leipziger Illustratorin Simone Fass
Linie für Linie zeichnet die mit Tusche gefüllte Feder ein Bild auf das weiße Papier. Es entstehen erst einzelne Personen, dann eine komplette Situation. Simone Fass arbeitet grafisch und reduziert und dennoch versteht sie es, ihren Illustrationen Leben einzuhauchen. Sie ist zum Beispiel der kreative Kopf hinter dem Titelbild unseres Veranstaltungskalenders.
Wir sind zu Besuch bei der Illustratorin und Wahl-Leipzigerin Simone Fass und sprechen mit ihr über ihren Alltag, ihre Inspirationen und ihr Herzensprojekt, die Leichte Sprache. Außerdem verrät sie uns, warum Leipzig für sie der perfekte Ort zum Leben ist. Los geht’s!
Simone, wie bist Du zur Illustration gekommen?
Ich habe immer schon gern gezeichnet. Für mich war es ganz einfach: entweder Musik oder Illustration. Nachdem ich mich erst einmal an einem Musikstudium probiert habe, orientierte ich mich dann doch um und bewarb mich an der Leipziger HGB. Tatsächlich habe ich mich auch wirklich nur dort beworben. Aus irgendeinem Grund sprach mich der Name total an: Der Bezug zum Buch und, dass man mit Bildern Geschichten erzählen kann. Glücklicherweise bekam ich schnell einen Platz an der HGB. Also zog ich von Bremen nach Leipzig. Im Studium selbst war ich noch ein bisschen verloren. Eigentlich hat sich meine Faszination für das Geschichtenerzählen und Sachen dokumentieren erst nach dem Studium herausgebildet. So kam auch der Blog Illufabrik zustande.
Was inspiriert Dich bei Deinen Arbeiten?
Die Leute, die mich umgeben und was um mich herum passiert. Ich zeichne gerne Leute, die miteinander umgehen, Situation und Beziehungen zueinander. Das Alltagsleben. Konkret aus der Designbranche inspirieren mich natürlich andere Illustratoren, denen ich auch gern auf Instagram folge. Außerdem mag ich auch gern ganz klar strukturierte Grafiken, also eine Mischung aus Naturwissenschaft und Illustration. Wahrscheinlich liegt das daran, dass mein Papa Mathematiker ist.
Du hast gerade schon den Blog Illufabrik erwähnt. Was hat es damit auf sich?
Nach meinem Studium absolvierte ich zuerst ein Praktikum beim Kreuzer und entschloss mich danach nicht den klassischen Weg zu gehen und mich in einer Designagentur zu bewerben. Ich wollte mein eigenes Ding machen. Dann kam ich dazu Dinge zu illustrieren. Ich habe so 2-3 Leute um mich versammelt und wir machten das zusammen. Wir sind auf Veranstaltungen gegangen und haben diese mit Illustrationen dokumentiert – also keine Fotos, kein Text, nur Illustrationen. Nach ein paar Monaten kamen wir sogar mit eigenem Presseausweis auf die Veranstaltungen und waren mächtig stolz darauf. Die Illustrationen haben wir auf dem Illufabrik-Blog veröffentlicht.
„Keine Fotos, kein Text, nur Illustrationen.“
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Dir aus?
Einerseits gibt es Bürotage, an denen fange ich mit Social Media an, dann bearbeite ich Aufträge oder kümmere ich mich um die marketingtechnischen Sachen oder die Akquise neuer Kunden. Meist arbeite ich den ganzen Tag von Zuhause aus. Das genieße ich sehr. Andererseits gibt es die Tage, an denen ich außerhalb tätig bin, z.B. für eine Live-Visualisierung. Dann gehe ich morgens los und bin ca. 1-2 Stunden eher da und bereite alles vor. Im Workshop selbst zeichne ich mit und bin natürlich dort vor Ort. Auf der einen Seite gibt es Storytelling-Workshops, die ich als Illustratorin begleite, auf der anderen Seite arbeite ich mit Referenten der Leipzig School of Media zusammen, für die ich die versteckten Storys von Unternehmen oder die Personas einer Zielgruppe visualisiere.
Gegen halb 5 hole ich meine Kinder aus dem Kindergarten ab. Das ist auch sehr gut so, denn ich neige dazu mich leicht zu überarbeiten. So habe ich immer einen festen Schlusspunkt und dann machen wir immer etwas Schönes zusammen. Aber seitdem ich die Kinder habe, habe ich auch gelernt viel fokussierter zu arbeiten. Außerdem bringt einen dieses Glück natürlich auch voran. Das strahlt auf alles aus. Und klar sind auch meine Kinder eine Inspiration für mich.
Welches Projekt liegt Dir besonders am Herzen?
Ich bin ziemlich aktiv zum Thema Leichte Sprache. Leichte Sprache ist eine vereinfachte Form der Deutschen Sprache für Leute, die das Standard-Deutsch nicht sprechen können und keinen Zugang dazu haben. Es gibt eine extrem vereinfachte Ebene des Deutschen, z.B. übersetzte Behördenblätter. Das ist jedoch nicht nur relevant für Menschen mit Behinderung, Analphabeten oder Migranten, sondern auch für Leute, wie du und ich. Oftmals versteht man bei den Steuerunterlagen eben auch nur die Hälfte. Ich illustriere schwierige Begriffe und versuche sie so den Leuten näher zu bringen. Die Bilder sind aktuell noch recht eintönig und ich bin gerade dabei mich dafür zu engagieren, dass diese spannender und zielgruppengerechter werden. Ich habe z.B. für die Bundeszentrale für politische Bildung Bilder zu den politischen Themen „Big Data“ und „politische Partizipation“ gemacht. Leichte Sprache wird viel kritisiert und ich finde das überhaupt nicht gerechtfertigt und möchte mich dafür stark machen. Dieses Thema sollte, meiner Meinung nach, auch eine Öffentlichkeit bekommen.
Was verbindest Du mit Leipzig?
Während meines Studiums habe ich 1,5 Jahre in Frankreich verbracht und dann meinen französischen Freund mit hierher gebracht. Er hatte keine Lust mehr auf Paris und ist mit mir gekommen. Dann kamen unsere zwei Kinder und Leipzig ist wirklich super für die Familie. Die Stadt hat eine gewisse Dynamik in der Kulturszene – eine wirklich gute Basis, um die Selbstständigkeit aufzubauen. Es gibt auch verschiedene Möglichkeiten sich fördern zu lassen, z.B. Inspirationen und Coachings von jeder Seite für die Selbstständigkeit. Das waren alles Gründe hier zu bleiben. Und wie gesagt, Leipzig ist eine super Familienstadt. Das macht echt viel aus. Man muss immer jonglieren zwischen Familie und Job und wenn das so leicht wie möglich ist, ist das ein echter Pluspunkt für eine Stadt.
„Leipzig hat eine gewisse Dynamik in der Kulturszene.“
Gibt es besondere Lieblingsorte, wo es Dich immer wieder hinzieht?
Ich bin mit meiner Familie gern überall, wo es grün ist, denn Leipzig ist eine sehr grüne Stadt. Dann sind wir viel mit dem Fahrrad unterwegs. Ohne Kiddies sitze ich einfach gern in Cafés mit Freunden und schnacke. Einen konkreten Ort habe ich eigentlich nicht, es muss auch nicht der Westen sein. Es geht mir einfach um die Geselligkeit.
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