Als Geschäftsführerin von TNC und begeisterte Netzwerkerin hat Anja Herzog ein bewegtes Leben. Im Interview berichtet die alleinziehende Mama, woher sie die Kraft dafür schöpft.
Anne: Was ist für dich das Wichtigste, das du persönlich über die Menschen oder das Leben im Allgemeinen gelernt hast, seitdem du Mama und Unternehmerin bist?
Anja: Mit dem Mama-Sein habe ich gelernt, dass das Wichtigste für mich Gesundheit und Optimismus sind. Ich darf mich selbst nicht vergessen. Leider passiert das als Mama sehr schnell, darin verbirgt sich aber aus meiner Sicht auch die größte Gefahr. Ich hatte die Erkenntnis tatsächlich auch erst vor ein paar Jahren, als ich ständig krank war. Ich konnte mich nicht so in die Arbeit stürzen, wie ich es wollte und gewohnt war. Die reduzierte Zeit, die mir zur Verfügung stand, musste ich dann ständig zwischen Kind und Firma jonglieren, was natürlich zu keiner Verbesserung führte, sondern alles verschlimmerte.
„Sobald mir bewusst wurde, dass wenn es mir gut geht, auch alles andere funktioniert und ich dann genug Energie und Kraft für Krisen habe, wurde es leichter.“
Seitdem setze ich Prioritäten für mich und meine Gesundheit, um bestmöglich für mein Kind und meinen Job da zu sein.
Anne: Inwiefern hat deine Erfahrung als Mutter dein Denken und Handeln transformiert? Aus welchen schwierigen und schmerzhaften Erfahrungen konntest du in diesem Prozess Kraft ziehen?
Anja: Besonders nach der Rückkehr aus der Elternzeit habe ich sehr großen Druck verspürt, performen zu müssen. Ich wollte allen, aber vor allem mir selbst, beweisen, dass ich genauso gut und viel arbeiten kann wie vorher. Ich habe gelernt, mich noch besser zu organisieren und alles zu strukturieren; anders war und ist es für mich nicht machbar. Das führte allerdings auch dazu, dass so gut wie jedes Vorhaben ein Termin ist, ob beruflich oder privat. „Go with the flow“ ist nichts, was mir liegt oder womit ich gut umgehen kann. Das wiederum resultiert in einen sehr vollen Kalender und wenig Raum für spontane Treffen mit Terminanfragenden, Freunden oder Bekanntschaften.
„Manchmal fühle ich mich dadurch einsam, wenn eine Lücke im Kalender entsteht.“
Wenn das Kind zum Beispiel spontan woanders übernachtet, ich mir für den Abend nichts vorgenommen habe und dann alleine zu Hause auf der Couch verbringe, denke ich manchmal, dass der Abend „verschwendet“ ist. Ich konzentriere mich mittlerweile auf die Vorzüge und genieße die Zeit bestmöglich, mit dem Wissen, dass diese Abende ja eher mehr als weniger werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mehr als einmal kurz vorm Burnout stand; glücklicherweise kam rechtzeitig die wichtige Erkenntnis, dass es niemandem nützt, wenn ich nicht mehr kann.
Anne: Wie hast du jedes Mal wieder die Kurve gekriegt?
Anja: Ich habe vor ein paar Jahren Unterstützung durch ein professionelles Coaching bekommen. Das hilft mir sehr, den Fokus auf die richtigen Dinge zu lenken und mich immer wieder zu resetten.
„Ich versuche, ausreichend Sport zu machen, schöne Dinge mit meinem Kind zu unternehmen und mich immer wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Ich reflektiere mich regelmäßig.“
Dabei ist mir meine Verantwortung gegenüber der Firma, meinem Team, unseren Kunden und anderen Stakeholdern vollkommen bewusst, jedoch versuche ich auch hier zu priorisieren und bestmöglich zu strukturieren. Ein Meeting zum allgemeinen Austausch ohne konkreten Inhalt findet dann eben nicht statt oder wird auf ein paar Wochen verschoben, wenn es etwas ruhiger ist und besser passt.
Anne: Gab es für dich in diesem Kontext einen Schlüsselmoment?
Anja: Meine Coachin hat mal zu mir gesagt: „Es kommt niemand, der dich rettet. Du alleine kannst und musst etwas ändern, wenn du es willst. Niemand anderes wird es für dich tun.“ Ich denke oft an diesen Satz, der mich wiederum darin bestärkt, auf mich zu achten und gezielter auszuwählen, was ich aus welchem Grund tue oder eben auch nicht.
Anne: Welchen Gedanken möchtest du den Menschen, die unsere Ausstellung besuchen gern mitgeben?
Anja: Alles ist möglich! Ich weiß, dass es funktionieren kann, Karriere und Kind auch als alleinerziehende Mama, unter einen Hut zu bringen. Es ist nicht einfach und fordert viel von mir, aber das ist es mir wert. Ich fühle mich durch beides in Kombination sehr erfüllt und möchte keines von beiden missen.
Dieser Beitrag ist Teil des Ausstellungsprojektes MAMA MAGMA von unserer Kolumnistin Anne Schwerin über Frauen, die Unternehmerinnen bzw. Selbständige und Mamas sind. Im Mittelpunkt des Projektes steht die Frage, wie die Erfahrung der Mutterschaft unternehmerisches Handeln transformiert. Alle Bilder der Ausstellung sind vom 21. August bis 15. November 2024 frei zugänglich im Foyer der IHK zu Leipzig zu sehen. Zu den Beiträgen der weiteren Frauen geht es hier.