Als Übersetzerin entwickelt Madlen Mück vom heimischen Wohnzimmer – oder auch mal vom Garten aus – Untertitel für beliebte Filme sowie Serien auf Netflix, Amazon und Co. Arbeit und Familienleben sind dadurch oft vermischt. Im Beitrag berichtet Madlen, wie sie es gelernt hat, den Laptop zu zuklappen und im Moment präsent zu sein – und warum Gemeinschaft für sie heute besonders wichtig ist.
Ich bin Madlen, 38 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Kindern im Alter von 2 und 4 Jahren. Selbstständig bin ich schon mein gesamtes Berufsleben und habe schon immer geglaubt, damit die richtige Arbeitsform für mich gefunden zu haben. Auch die vielen Geschichten anderer Angestellter und vor allem Mütter zeigen mir, dass es nicht selbstverständlich ist, weitestgehend frei über seine Zeit verfügen zu können.
„Nebenbei“ erledigte Hausarbeit bleibt unsichtbar.
Seit der Geburt meiner Kinder und besonders durch die Corona-Pandemie hat sich diese Ansicht nochmal verstärkt. Heute arbeite ich überwiegend von zu Hause.
„Ich kann selbst bestimmen, wann und wievielich arbeite und kann daher auch während der Betreuungszeit meiner Kinder einen Großteil der Hausarbeit und sonstiger Erledigungen für die Familie erledigen, die aber dadurch noch ,unsichtbarer‘ bleiben als das ohnehin der Fall ist.“
Mein Mann, der als Angestellter in Vollzeit arbeitet sieht daher vor allem die negativen Seiten der Selbstständigkeit: Gelegentliche Nachtschichten und Aufträge am Wochenende und im Urlaub sowie schlechte Absicherung für die Zukunft.
Ich selbst könnte mir aber aktuell keine andere Arbeitsweise vorstellen, die mir solche Flexibilität ermöglicht. Ich kann spontan entscheiden, ein Kind zu Hause zu behalten, weil es mal keine Lust auf Kita hat aber auch mal vormittags Joggen oder zur Massage gehen. Andersrum hat das Leben mit Kindern mich gelehrt, mit Unwägbarkeiten umzugehen und den Kontrollverlust zu akzeptieren, wie es beispielsweise geschieht, wenn ein Zweijähriger einen Wutanfall hat oder die ganze Familie von Kita-Viren lahmgelegt wird. Diese Erfahrungen zwingen uns, im Moment zu leben und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren – auf Beziehungen und Dankbarkeit.
Wir sind alle verletzlich.
Seitdem ich Mutter bin und gleichzeitig meiner selbstständigen Arbeit nachgehe, habe ich tiefgreifende Erkenntnisse über das Leben und mich selbst gewonnen.
„Eine der wichtigsten Lektionen für mich ist, dass Schwäche und Krankheiten jeden treffen können.“
Bevor ich Kinder hatte, konnte ich mir leicht einreden, dass solche Dinge eher anderen passieren. Doch nach mehreren anstrengenden Krankheitsphasen in der Familie habe ich gelernt, dass auch ich nicht vor dem Chaos gefeit bin. Diese Einsicht hat mir geholfen, Mitgefühl zu entwickeln und die Bedeutung von Gemeinschaft zu schätzen. Und auch das Thema Zukunft sowohl für mich als auch für meine Kinder und unserer Zukunft als Menschheit haben enorm an Stellenwert gewonnen und auch meine Perspektive auf meine Arbeit beeinflusst.
Präsent zu sein, hat Priorität.
Als selbstständige Mutter habe ich gelernt, Prioritäten neu zu setzen. Ein prägnantes Beispiel ist der Balanceakt zwischen der Arbeit und den Bedürfnissen meiner Kinder.
„Während ich oft versucht habe, E-Mails zu checken, wenn mein Kind spielen wollte, habe ich schnell erkannt, wie wichtig es ist, präsent zu sein und echte Momente mit ihnen zu teilen.“
Diese Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, ist eine der wertvollsten Fähigkeiten, die mir das Muttersein gebracht hat.
In den schwierigsten Momenten, wie während der Pandemie, als Isolation und Unsicherheit überwältigend waren, habe ich Kraft aus der engen Verbindung zu meiner Familie, aber auch Freundschaften geschöpft. Ein Schlüsselmoment war der große Zusammenhalt in unserer Hausgemeinschaft, vor allem mit Nachbarinnen mit Kindern, der in dieser Zeit entstand, und die gegenseitige Hilfe und Unterstützung, die in Zeiten ständig geschlossener Kitas auch noch heute Gold wert ist.
Wir lernen und wachsen durch Gemeinschaft.
An die Besucher der MAMA MAGMA Ausstellung für die dieser Text entstanden ist, möchte ich den Gedanken weitergeben, dass Mutterschaft und Selbstständigkeit sich gegenseitig bereichern können.
„Es ist ein Weg voller Herausforderungen, aber auch ein Weg zu größerer Resilienz und Klarheit.“
Ich hoffe, dass diese Ausstellung Frauen inspiriert, ihren eigenen Weg zu finden und ihre Erfahrungen zu teilen. Denn in der Gemeinschaft liegt Stärke, und durch den Austausch können wir alle voneinander lernen und wachsen.
Dieser Beitrag ist Teil des Ausstellungsprojektes MAMA MAGMA von unserer Kolumnistin Anne Schwerin über Frauen, die Unternehmerinnen bzw. Selbständige und Mamas sind. Im Mittelpunkt des Projektes steht die Frage, wie die Erfahrung der Mutterschaft unternehmerisches Handeln transformiert. Alle Bilder der Ausstellung sind vom 21. August bis 15. November 2024 frei zugänglich im Foyer der IHK zu Leipzig zu sehen. Zu den Beiträgen der weiteren Frauen geht es hier.