Als Mama und als Unternehmerin 100 Prozent geben. – Im Interview berichtet Mandy Reinmuth, Gründerin und Verlagsleiterin bei Posterlounge, warum sie an sich selbst die höchsten Ansprüche stellt und wie es ihr heute gelingt, trotzdem in Balance zu bleiben.
Anne: Mandy, was ist für dich das Wichtigste, das du persönlich gelernt hast, seitdem du Mama und Unternehmerin bist?
Mandy: Direkt nach der Ausbildung mit 21 Jahren als Einzelunternehmerin durchzustarten und zwei Jahre später mit meinem Partner und seinem Bruder ein Unternehmen zu gründen, war eine spannende aber gleichzeitig sehr fordernde Zeit. Jede freie Minute und jeder eingenommene Cent wurden investiert, um kontinuierlich und gesund zu wachsen. Es gab über viele Jahre so viel Arbeit, dass es für zehn Leute gereicht hätte, aber wir waren zu dritt und haben von unserer Privatwohnung aus gearbeitet.
„Mein erstes Wunschkind bekam ich mit 27 Jahren und es hat zu diesem Zeitpunkt meinen Fokus komplett verändert.“
Schlaflos waren die Nächte dann immer noch, aber aus einem wunderschönen Grund, der zum ersten Mal nichts mit dem Unternehmen zu tun hatte. Zudem brachte der erste Geburtstag unserer Tochter den bis dato wichtigsten Wandel: den Auszug in unsere ersten Geschäftsräume, den ersten Angestellten und damit die räumliche Trennung von Privatleben und Firma. Wichtig ist, besonders in der Gründungszeit als Mama und Unternehmerin, nicht aufzugeben, an sich und seine Idee zu glauben und flexibel zu sein.
Anne: Inwiefern hat deine Erfahrung als Mutter dein Denken und Handeln als Unternehmerin transformiert? Fallen dir dazu Beispiele aus dem Alltag ein?
Mandy: Man wächst mit seinen Aufgaben, Tag um Tag, Jahr um Jahr. Als unsere Tochter mit fünf Jahren ein Wunsch-Geschwisterkind bekam, wurden die darauffolgenden Jahre für mich als Mama noch intensiver, aber für die Kinder untereinander ein Segen. In vielen Situationen hat meine Tochter für ihren kleinen Bruder gerne die Rolle der Zweitmama übernommen, wofür ich ihr sehr dankbar bin.
„Immer wieder zwingen unvorhersehbare Ereignisse geschäftlich und privat zur Umplanung und Anpassung des Alltags. Die Anforderungen steigen mit der Entwicklung des Unternehmens und mit den Ansprüchen der Kinder.“
Die Verantwortung wächst unaufhörlich mit mittlerweile über 60 Angestellten, hunderten Künstlern und möglichst immer zufriedenen Kunden und ein Familienunternehmen mit dem Partner zu führen, bestimmt den Großteil der Gespräche zu Hause. Hier sollte man versuchen, insbesondere als Paar, Grenzen zu ziehen und eine Balance zu finden, sich zwingen, die wenige Freizeit, die man hat zu genießen und abzuschalten.
Anne: Aus welchen schwierigen und schmerzhaften Erfahrungen konntest du in diesem Prozess Kraft ziehen? Wie ist dir das gelungen?
Mandy: Es hat für mich persönlich mehr herausfordernde Zeiten als leichte gegeben, auch wenn ich meinen Job sehr liebe und mir nichts anderes vorstellen kann. Die Doppelbelastung gleichzeitig und jeweils zu 100% für die Kinder UND das Unternehmen da zu sein, haben mich oft an meine Grenzen gebracht.
„Bis zur letzten Minute im Büro zu bleiben und die Kinder meistens als letzte am anderen Ende der Stadt aus Kita und Hort abzuholen, ist auch ihnen in schmerzlicher Erinnerung geblieben.“
Hörsturz, Tinnitus, Burnout und Depressionen waren die Folge auf meinen hohen eigenen Anspruch und haben mich über viele Jahre begleitet. Rückhalt und Unterstützung im familiären Umfeld, soziale Kontakte und der Austausch mit anderen Mamas sowie Unternehmungen zur Ablenkung gaben mir Zeit zum Krafttanken und Weitermachen. Den Kreativ-Part in unserem Unternehmen bis heute innezuhaben, hat mir außerdem sehr geholfen zu gesunden.
„Als Künstlerin mit Künstlern aus aller Welt zusammenzuarbeiten, beeinflusste mein eigenes Schaffen und unsere Weltansicht als Familie auf positive Weise.“
Jeden Tag von farbenfrohen Kunstwerken aller Epochen und Stilrichtungen umgeben zu sein, ist ein Geschenk für die Seele und dieses Geschenk tragen wir mit unserem Produkt in die Welt hinaus. Auch wenn es nach mehr als 20 Jahren als Mama und Unternehmerin immer wieder Momente des Zweifelns gibt, hilft es unwahrscheinlich, wenn man Menschen in seinem Team hat, die einem sagen: „Wenn ihr den Mut damals nicht gehabt hättet, wären wir heute alle nicht hier“.
Anne: Welchen Gedanken möchtest du den Menschen, die unsere Ausstellung besuchen, gerne mitgeben?
Mandy: Wer sich mit dem Gedanken trägt, sich selbstständig zu machen, oder ein Unternehmen zu gründen, muss für seinen Traum brennen – mit allen Konsequenzen. Mit Kind oder ohne kann dieser Traum die absolute Erfüllung oder die persönliche Selbstaufgabe bedeuten. Auch wenn nicht alles vorhersehbar ist, sollte man daher versuchen die ersten Jahre gut zu planen und ausreichend Unterstützung zu organisieren.
„Ich habe gelernt, dass niemand denselben Anspruch an eine Sache hat, wie man selbst. Das bedeutet jedoch nicht immer, dass man seine eigenen Ansprüche herunterschrauben muss.“
Aber man sollte lernen abzuwägen, Prioritäten zu setzen und Verantwortung abzugeben. Irgendwann kommt es dann, das Innehalten, das Zurückblicken und die Erkenntnis, dass man doch ganz schön viel geschaffen hat, auf das man stolz sein kann.
Dieser Beitrag ist Teil des Ausstellungsprojektes MAMA MAGMA von unserer Kolumnistin Anne Schwerin über Frauen, die Unternehmerinnen bzw. Selbständige und Mamas sind. Im Mittelpunkt des Projektes steht die Frage, wie die Erfahrung der Mutterschaft unternehmerisches Handeln transformiert. Alle Bilder der Ausstellung sind vom 21. August bis 15. November 2024 frei zugänglich im Foyer der IHK zu Leipzig zu sehen. Zu den Beiträgen der weiteren Frauen geht es hier.