Nur ein Jahr nachdem sie in die Selbständigkeit gestartet ist, wurde die Leipziger Steuerberaterin Peggy Baumann schwanger. Im Beitrag berichtet sie, wie ihr Leben gerade in der schwierigsten Phase eine entscheidende Wendung nahm und was ihr als Mama und Unternehmerin auf dem Weg zum Erfolg geholfen hat.
„Ich mach keine Pläne mehr. Pläne werden durchkreuzt.“
Zwei Wochen vor dem offiziellen Geburtstermin meines Kindes habe ich mich auf einen entspannten Sonntagabend gefreut. Ich hatte trotz Schwangerschaft bis Freitag noch fleißig gearbeitet. Jetzt stand nach einem Essen und einem Spaziergang mit Freunden nur noch der Tatort mit meinem Mann auf dem Programm. – Stattdessen platzte die Fruchtblase und mein kleiner Sohn begab sich direkt auf den Weg.
„Seitdem mache ich keine Pläne mehr. Ich schreibe Listen.“
Meine Listen sind Vierer-Tableaus, in denen ich Berufliches und Privates in den Kategorien „Sehr wichtig“, „wichtig“, „nicht so wichtig“ und „kann erstmal liegen bleiben“ ordne. Die Gelassenheit, Aufgaben auch in die letzte Kategorie einzutragen, musste ich mir ganz neu aneignen.
Gerade mal ein Jahr, bevor ich mit meinem Kind schwanger wurde, bin ich in die Selbständigkeit gestartet. Ich habe von Null angefangen und hatte keinen einzigen Kunden. Diese Erfahrung war hart und hat meinen Blick auf meinen Beruf sehr geschärft. Oft habe ich sieben Tage die Woche gearbeitet, damit es voranging.
Mama und Unternehmerin sein, heißt oft durchhalten müssen
In der Elternzeit musste und wollte ich mit dem Baby nahtlos weitermachen. Durch einen Auslandsaufenthalt und die damalige gesetzliche Regelung hatte ich kein Anrecht auf Elterngeld. Oft saß ich in der Küche meiner Mutter, habe geweint und ans Aufgeben gedacht. Dann starb auch noch mein Vater. Ich war an meinem persönlichen Tiefpunkt.
Heute bin ich froh, dass ich durchgehalten habe.
In unserer Steuerkanzlei „Braune & Tauche“ sind wir inzwischen ein großes Team und haben natürlich ein ganz anderes Standing bei den Kunden als ich in meiner Anfangszeit. Wenn Menschen hören, dass ich seit 20 Jahren in der Steuerberaterbranche arbeite und seit 12 Jahren Steuerberaterin bin, können sie das oft kaum glauben.
Die Arbeit ist wichtig, aber mein Kind hat Priorität
Ich bin unfassbar stolz auf unser Team – in dem es übrigens viele Mütter gibt – und dankbar, dass ich heute Aufgaben abgeben kann, wenn nötig. Früher habe ich versucht, möglichst viel selbst zu erledigen. Doch als Mama bin ich an meine Grenzen gestoßen. Ich habe gespürt:
„Dieser kleine Mensch, der total abhängig von mir ist, braucht mich – und zwar jetzt. Das hat Priorität.“
Und ganz ehrlich: Diese Phase ist so kurz, gemessen an unserer Lebensspanne. Dieser Gedanke macht es mir leichter, wenn mein Kind krank ist oder ganz dringende Bedürfnisse und Wünsche hat.
Meine Listen helfen mir in solchen Situationen. Organisieren, Strukturieren und Priorisieren ist für mich eine Bewältigungsstrategie.
Als mein Sohn in diesem Sommer eingeschult wurde, wusste ich schon Wochen vorher, welche Gäste kommen, welchen Kuchen es gibt und welche Salate vorbereitet werden müssen. Das Polohemd meines Sohnes für die Feier hing bereits Tage zuvor gebügelt im Schrank.
„Auch Erkältungen und Wespenstiche kalkuliere ich prophylaktisch mit ein.“
Einen Tag frei zu nehmen oder zumindest von zuhause zu arbeiten, ist dadurch meistens möglich. Wir Steuerberater operieren zum Glück nicht am offenen Herzen.
Neben der starken Frau steht ein starker Mann.
Dass unser Leben so funktioniert, liegt aber letztendlich auch an meinem Mann. Nicht jeder Partner kann mit starken Frauen umgehen und solch einen Alltag mittragen.
„Wenn eine Krankheit uns einen Strich durch die Rechnung macht, hält er mir den Rücken frei – oder ich ihm – so wie es unsere Aufgaben und Prioritäten eben gerade hergeben.“
Dass ich selbst erlebt habe, wie sich solche schwierigen Phasen anfühlen, wirkt sich auch auf meinen Blick auf die Eltern unter unseren Mitarbeitern aus. Ich weiß genau: Niemand genießt es, mit einem weinenden, gelangweilten, kranken Kind zuhause zu sitzen. Bei der Arbeit voran zu kommen und dabei in Ruhe einen Kaffee zu trinken, ist viel schöner, als so eingespannt zu sein und sich Sorgen machen zu müssen.
Gebt schwierigen Zeiten einen Sinn!
Aber manchmal ist eben Durchhalten gefragt. Das ist nicht schön, gerade wenn eine Doppelbelastung und Schicksalsschläge dazu kommen. Dennoch glaube ich fest daran, dass es das Universum gut mit uns meint.
„Jedes Mal, wenn das Lebens uns beugt, kann gerade das
dazu dienen, dass wir weiterkommen.“
Als ich damals meinen persönlichen Tiefpunkt erreicht hatte, lernte ich Kathleen und Michael von „Braune & Tauche“ kennen. Hätte ich aufgegeben, wäre ich nicht dort, wo ich bin.
Dieser Beitrag ist Teil des Ausstellungsprojektes MAMA MAGMA von unserer Kolumnistin Anne Schwerin über Frauen, die Unternehmerinnen bzw. Selbständige und Mamas sind. Im Mittelpunkt des Projektes steht die Frage, wie die Erfahrung der Mutterschaft unternehmerisches Handeln transformiert. Alle Bilder der Ausstellung sind vom 21. August bis 15. November 2024 frei zugänglich im Foyer der IHK zu Leipzig zu sehen. Zu den Beiträgen der weiteren Frauen geht es hier.