„Mama, eigentlich möchte ich gar nicht fünf werden. Vier ist einfach das beste Alter!“ – Wir waren gerade auf dem Heimweg von der Kita, als mein kleiner Mann mich neulich mit diesen Worten überraschte.
Seit zwei Jahren bin ich alleinerziehende Mami. Auch wenn ich mich inzwischen ganz gut an das neue Leben gewöhnt habe, mache ich mir immer noch viele Sorgen um meinen Sohn. Für sein zartes Alter hat er schon ziemlich viel erlebt. Die Trennung vom Papa. Der Umzug in eine neue Wohnung. Und Anfang dieses Jahres zu allem Überfluss auch noch ein – unfreiwilliger – Wechsel aus unserer wundervollen kleinen privaten Kita in eine große öffentliche Einrichtung.
Damit zählen wir zu der illustren Runde von Eltern, die aufgrund der problematischen und wechselhaften Kitaplatzsituation so gut wie sämtliche Formen der Fremdbetreuung kennenlernen durften, die es bei uns in Leipzig gibt. Hier mein ganz persönliches Fazit.
Allein unter Babys: Unser Start bei einer Tagesmutter
Als mein Sohn 2019 geboren wurde, stand für mich fest: Wenn er ein Jahr alt ist, möchte ich mit der Betreuung bei einer Tagesmutter starten. In unserem Stadtteil leben viele Familien. Fröhlichen Tagesmüttern, die gemütlich mit bunten Wägen voller kleiner Knirpse Richtung Park und Spielplatz spazieren, begegnet man quasi an jeder Ecke.
Mir gefiel der Gedanke sehr, dass mein Sohn in so einem entspannten und persönlichen Umfeld betreut wird.
Hinzu kam, dass Krippenplätze damals besonders rar in Leipzig waren. Deshalb nahmen wir lieber gleich Kontakt zu verschiedenen Tagesmüttern auf und entschieden uns schließlich für eine liebe, bodenständige Frau – selbst mehrfache Mama.
Als unser Junge etwa 11 Monate alt war, begannen wir mit der Eingewöhnung. Ich mochte unsere Tagesmama sehr und war fest entschlossen, mich zu entspannen und „zu lernen, mein Kind abzugeben“. Zweifel und ungute Gefühle schob ich weg. Zu groß war meine Erschöpfung und zu stark die Sehnsucht danach, „dass es mit der Betreuung klappt“.
Rückblickend sehe ich diese Zeit und meine eigene Haltung etwas kritischer. Kinder zu betreuen, ist verdammt anstrengend. Und eine riesengroße Verantwortung.
Sollte man eine Person über viele Stunden allein mit fünf Kleinkindern lassen? Inzwischen finde ich: Besser nicht.
Unsere Tagesmama gab sich die beste Mühe. Trotzdem sah unser Sohn auf den Bildern, die sie schickte, häufig traurig und verloren aus. Manchmal brachte er kleine Verletzungen mit nach Hause, die teils ungeklärt blieben. Ich hatte dafür Verständnis. Wie sollte die Tagesmama bei dem Gewusel alles mitbekommen? Ich war so erschöpft, hatte Schlafstörungen. Ich brauchte die Hilfe unserer Tagesmutter dringend. Ich hatte überhaupt keine Kraft, weiter darüber nachzudenken.
Letztendlich hatten wir mit unserer Tagesmama Glück.
Befreundete Eltern, die ihr Kind bei einem Tagesvater hatten, berichteten uns von weitaus schlimmeren Erfahrungen. Andere wiederum schwärmten aber auch von ihren Tageseltern.
Fakt ist: Die Ausbildung für Tagesmütter und Tagesväter ist wahnsinnig kurz. In Leipzig umfasst die fachliche Qualifikation für Tageseltern nur 160 Unterrichtsstunden.
Wie kann das sein? Gemessen an der Verantwortung, die Tagesmütter und -väter tragen, finde ich das total unverständlich.
Tageseltern haben zwar in der Regel eine Trägerorganisation. Aber vor Ort in der Tagespflege gibt es keine Kontrolle. Niemand, der der Person bei alltäglichen Aufgaben hilft oder direkt Feedback gibt. Nicht mal jemand, der nach den Kindern schaut, wenn man mal aufs Klo muss. Viele Tageseltern kochen mittags zusätzlich für die Kinder. Wie geht das? Unsere Tagesmama gab in der Corona-Zeit schließlich auf. Ich denke, sie fühlte sich von der Gesamtsituation einfach überfordert.
Kein bisschen fancy: Zwei wunderbare Jahre in einer privaten Kita
Nach dem Wechsel in eine private Krippe hatte ich erstmals seit der Geburt meines Sohnes ein Gefühl echter Entlastung. Ich konnte wieder atmen, nachts wieder besser schlafen. Und auch mein Kind blühte auf. Aus dem schüchternen Jungen, der vorher Angst vor anderen Kindern hatte, wurde ein fröhlicher Frechdachs, der sämtliche Betreuerinnen um den Finger wickelte.
Den Platz in der privaten Krippe hatten wir nur bekommen, weil der Papa meines Sohnes aus Versehen eine unserer 30 Kitabewerbungen dort eingeworfen hatte.
Eigentlich sollte die in der öffentlichen Nachbarkrippe landen. Eine private Kita – das konnten wir uns in der schwierigen Corona-Zeit nicht leisten. Aber dann kam alles anders als gedacht: Während alle anderen Kitas absagten, bekamen wir von der Privatkita schon zwei Tage später eine Einladung zum Kennenlernen.
Von anderen Eltern erhielten wir den Tipp, dass man beim Jugendamt eine Übernahme der Betreuungskosten beantragen kann. In unserem Fall hat das aufgrund des damaligen Kitaplatzmangels und unserer beruflichen Situation, in der wir wirklich dringend eine zuverlässige Betreuung benötigten, tatsächlich geklappt.
Wer in einer privaten Kita unbedingt Luxus erwartet, den muss ich enttäuschen. Zumindest unsere Kita war kein bisschen fancy.
Dunkles Holz, knarziger Boden und Neonleuchten – das erinnerte mich direkt ein wenig an meinen Kindergarten in der DDR. Aber ist das wichtig? Es gab einen wunderschönen, schattigen Garten. Und die liebevollen, super professionellen und engagierten Erzieherinnen, aber auch die gute Stimmung unter den insgesamt nur 36 kleinen Kindern und deren Eltern erfüllten das Haus mit Wärme.
Was unsere private Kita von öffentlichen Einrichtungen unterschied, war für mich vor allem der gute Betreuungsschlüssel.
In der Krippe kümmerten sich beispielsweise eine Kindergärtnerin und ein bis zwei Bundesfreiwilligendienstler um sechs Kinder. Jede Woche kam unser Sohn mit selbst gemalten Bildern und Basteleien nach Hause. Für die größeren Kids gab es spannende Ausflüge in Museen und Theater.
Als die Trennung vom Papa meines Kindes anstand, war die Kita ein Anker für uns. Alles veränderte sich, aber jeden Morgen gingen wir den vertrauten Weg. Mein Sohn verbrachte den Tag mit seinen Freunden und seiner Lieblingserzieherin, während ich unser Leben neu ordnen konnte.
Bis eines Tages ein Brief vom Jugendamt kam: In Leipzig gäbe es nun genug Kitaplätze und mein Kind solle in eine öffentliche Einrichtung wechseln oder wir müssten die hohen Kosten für den Privatkindergarten selbst aufbringen. In meinem persönlichen Fall wäre das an mir allein hängen geblieben.
Nicht so schlimm wie befürchtet: Unser Neuanfang in einer
öffentlichen Kita
Zunächst wurde uns ein Kitaplatz – gefühlt am anderen Ende der Stadt – angeboten. Offiziell in 30 Minuten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Jede Mama weiß, dass man mit einem kleinen Kind länger braucht. Realistisch betrachtet wäre ich täglich fast drei Stunden mit dem Weg zwischen Wohnung, Kita und Arbeit beschäftigt gewesen.
Im Jugendamt fand man das für eine alleinerziehende, vollzeitarbeitende Mama „zumutbar“. Vor allem aber hat es die zuständigen Mitarbeiterinnen überhaupt nicht interessiert, dass mein kleiner Junge sein vertrautes Umfeld und seine Freunde verliert und welche Konsequenzen das für seine Entwicklung hat.
Ich wurde persönlich ins Jugendamt vorgeladen. Dort saßen mir – warum auch immer – vier Mitarbeiterinnen gegenüber, darunter eine Psychologin.
Diese hatte einen phantastischen Vorschlag, wie der Wechsel meinem Kind nichts anhaben würde: Wenn man meinen Vierjährigen „vorbereitet“, in dem man ihm „zwei Wochen vorher“ den Wechsel erklärt, würde er schon klarkommen. Die Betreuungssituation in unserer privaten Kita wurde als „Kuschelpädagogik“ abgetan.
Bis heute bin ich irritiert von dieser asymmetrisch gestalteten Gesprächssituation, die natürlich einschüchternd auf die betroffenen Eltern wirkt – und vor allem von der menschlichen Kälte, die mir entgegenschlug. Ich lag nachts viel wach in dieser Zeit. Mein Sohn begann, mit den Zähnen zu knirschen.
Mag sein, dass die Mitarbeiterinnen des Jugendamts täglich mit viel schlimmeren Themen konfrontiert sind. Und dass es einen gewissen Rahmen an Vorgaben umzusetzen gilt. Dennoch frage ich mich: Warum wird so mit Familien umgegangen, die rein gar nichts dafür können, dass es in Leipzig erst zu wenige und dann zu viele Kitaplätze gibt?
Unsere Geschichte hat trotzdem ein Happy End: In der Kita am anderen Ende der Stadt stand nämlich bei all dem Stress in Wirklichkeit gar kein Platz für uns bereit. Stattdessen bekamen wir doch noch eine Einrichtung zugewiesen, die für uns gut erreichbar ist und in der wir sogar bereits Freunde hatten.
Mein Kind geht jetzt in eine Gruppe mit über 20 Kindern – bei immerhin drei Betreuenden. Basteleien gibt es nur ganz selten, Museumsbesuche bisher nie. Die Lautstärke ist manchmal heftig. Aber ich sehe deutlich, dass die Erzieherinnen und Erzieher mit vollem Herzen bei der Sache sind und tun, was in ihrem Rahmen möglich ist.
Und mein Sohn kommt tatsächlich klar. Er vermisst die alte Kita nach fünf Monaten zwar immer noch. Aber er genießt auch den Freiraum und die Abenteuer, die die neue, große Kita bietet.
Als er neulich, immer noch etwas widerwillig, fünf Jahre alt wurde, haben wir eine wilde, bunte Party gefeiert – mit 15 Kindern plus Eltern aus dem alten und aus dem neuen Kindergarten.
Fazit: Wie schon gesagt, spiegelt dieser Beitrag nur meine ganz persönliche Erfahrung wider. Vielleicht habt ihr ganz andere gemacht. Falls ihr aber gern einen ganz konkreten Tipp in puncto Betreuung von mir haben möchtet, gebe ich euch den gern mit: Wenn ich nochmal ein Kind bekommen würde und frei wählen könnte, würde ich es bis zum Ende des zweiten Lebensjahres zuhause betreuen und danach in eine private Krippe geben.
Für etwas ältere aufgeschlossene und selbstständige Kinder ist eine öffentliche Kita aus meiner Sicht aber auch total in Ordnung. In jedem Fall solltet ihr euch sehr gut informieren und andere Eltern nach Erfahrungen und Empfehlungen fragen. Verschließt keinesfalls die Augen, wenn euch irgendetwas komisch vorkommt, auch wenn es als junge Eltern sehr viel Kraft kostet. Am Ende steht und fällt alles mit den Menschen, an die ihr geratet.