„Hallo! Wollen wir Freunde sein?“ „Ja, gern!“ Meine 4-jährige Tochter braucht genau eine Minute, um neue FreundInnen zu finden. Sie hängen sich gemeinsam kopfüber ans Klettergerüst und sind sich sicher: Uns kann niemand trennen. Ich beobachte, wie schnell sie Anschluss auf dem Spielplatz findet und frage mich, wann mir diese kindliche Fähigkeit eigentlich verloren gegangen ist? Die Mütter auf dem Spielplatz kreisen eher verhalten umeinander. Ein schüchternes Lächeln oder Nicken sind manchmal das Maximum an Kommunikation. Und schon bevor ich mit einer anderen Mutter ins Gespräch komme, gibt es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten.
Als Erwachsene ist es keine leichte Sache, FreundInnen zu finden. Nicht mehr. Aber wann ist das eigentlich passiert?
Friendship often ends…
Mit dem Ende der Schulzeit war ich mir sicher, dass mir meine FreundInnen für immer bleiben. Wir wollten uns besuchen, an den Feiertagen zu Hause treffen und jede Woche telefonieren. Aber irgendwann wurde das alles immer weniger. Die neuen KommilitonInnen vom Studium und die WG-FreundInnen direkt vor der Nase liefen den meisten SchulfreundInnen den Rang ab. Jeder entwickelt sich weiter, hat andere Interessen und den „alten“ FreundInnen immer weniger zu sagen. Es gibt dann andere Gleichgesinnte und nur wenige Vergangenheitsmenschen haben noch Platz. Mit einer Partnerschaft kommen dann wieder neue Kontakte hinzu und beim Berufseinstieg werden einige ArbeitskollegInnen zu FreundInnen. Die gerade noch so geliebten KommilitonInnen werden wieder durch neue Bekannte abgelöst. Ich habe das nie bedauert.
Wenn wir uns verändern, verändert sich auch der Freundeskreis. Logisch! Und wir suchen uns automatisch Menschen, mit denen wir Themen und Interessen teilen.
Die Spice Girls sangen in den 90ern „If you wanna be my lover, you gotta get with my friends. Make it last forever, friendship never ends (…)” und ich habe laut mitgesungen. Aber Girls, ihr hattet damit nicht recht.
Irgendwann ist meistens Schluss. Und auch der schöne harmonische und organische Wechsel zwischen alten und neuen Bekannten im sozialen Umfeld kommt zum Stehen.
FreundInnen gehen und keiner kommt nach. Der Peak beim exponentiellen Anstieg der neuen Sozialkontakte ist erreicht. Und was dann?
Die ersten tiefgreifenden Veränderungen im Leben treten ein und wir lassen Menschen hinter uns, ohne neue Kontakte zu machen. Es geht abwärts.
Fast jeder hat das in seinem Erwachsenenleben schon erlebt. Du ziehst in eine neue Stadt, in der du niemanden kennst. Das Anstellungsverhältnis endet und die lieben KollegInnen waren doch nicht mehr als liebe KollegInnen. Eine lange Partnerschaft geht zu Ende und der Freundeskreis bricht auseinander. Irgendwann fühlen wir uns zu alt für eine WG mit Putzplänen und beziehen eine eigene Wohnung. Und der wahrscheinlich größte Einschnitt: Wir werden Eltern.
Jede dieser Lebensstationen löscht ein paar FreundInnen. Und manchmal sind auf einen Schlag alle weg.
Nochmal auf Null
Bei mir begann dieser Prozess mit Ende zwanzig. Damals beschloss ich aktiv auf Suche zu gehen. Es muss Menschen geben, die zu mir passen, dachte ich. Aber wie findet man die eigentlich, wenn man nicht auf den Zufall warten will?
Kann ich potenzielle FreundInnen daten? Woran erkenne ich andere „Suchende“? Wie stelle ich das an, ohne creepy und bedürftig zu wirken?
Die angstfreie und ungehemmte Kontaktaufnahme mit Gleichaltrigen aus dem Kindergarten haben wir als Erwachsene komplett verlernt.
4 Strategien für neue Freundschaften Ü30
1. Platonisches Online-Dating
Ja, es gibt auch Portale, auf denen man FreundInnen finden kann. Rein platonisch! Ich habe mich damals bei www.beste-freundin-gesucht.de angemeldet und über das Portal vier Dates mit potenziellen Freundinnen gehabt. Ich mache es kurz: Eine war dabei! Alle anderen Treffen habe ich „ausgehalten“ und bei einem tatsächlich einen telefonischen Notfall vorgetäuscht, um wieder zu gehen. Portale wie dieses oder auch Bumble BFF oder BuddyMe würde ich trotzdem empfehlen. Wenn ihr offen bleibt und bereit seid, auch „No Matches“ zu treffen, könnt ihr hier in eurer Stadt fündig werden. Lasst euch aber nicht entmutigen, wenn auch die ein oder andere „Niete“ dabei ist.
2. Neue Hobbies, neue FreundInnen
Damals habe ich außerdem in der Volkshochschule einen Kurs belegt, um stricken zu lernen. (Nicht lachen! Das war da gerade Trend.) Auf diesem Weg habe ich tatsächlich eine neue Freundin gefunden. Wir waren beide gleich untalentiert und trafen uns irgendwann nur noch in einem Café zum Quatschen.
FreundInnen findet ihr als Erwachsene auch beim Sport oder in anderen Vereinen, die zu euren Interessen passen. Wenn ihr dort mit anderen Menschen ins Gespräch kommt, entwickelt ihr irgendwann ein Gefühl dafür, ob ihr euch auch abseits von eurem gemeinsamen Hobby treffen könnt.
3. Networking
Netzwerkveranstaltungen, besonders für Frauen, sind ein absoluter Trend. Ihr findet solche Events in fast jeder Stadt und viele Teilnehmerinnen gehen dort allein hin. Ich habe mich selbst im letzten Jahr auf eine dieser Veranstaltungen gewagt. Kurz zuvor hat meine Begleitung abgesagt und ich war zuerst unsicher. Dort allein hinzugehen, war rückblickend eine tolle Idee. Noch nie habe ich an einem Abend so viele Telefonnummer eingesammelt. Rein freundschaftlich!
Tipps für Leipzig und Umgebung: femMIT Network Events, Wirtschaftsjunioren, FEMBIZ, WORKINGWOMAN, Unternehmerinnen Stammtisch u.v.m.
4. Sei offen und mutig!
Potenzielle neue FreundInnen sind überall. Bleibt offen für andere Menschen und signalisiert euer Interesse. Egal, wie allein ihr euch fühlt: Es gibt immer Menschen in eurer Nähe mit ähnlichen Problemen und Bedürfnissen. Traut euch allein in ein Café oder ins Theater und geht raus, damit ihr gefunden werdet. Und vergesst bei der ganzen Suche nicht die wichtigste Freundschaft, die ihr jemals führen werdet. Die zu euch selbst. Das macht euch auch zu einem guten Freund für andere Menschen.
Meine letzte neue Freundschaft habe ich geknüpft, nachdem ich mich via Social Media beim LAYERS mag zu einem Thema geäußert habe. Ich war bis dahin Leserin des Magazins und bot an, einen Artikel selbst zu schreiben. Es ging um Einsamkeit als Mutter. Wie passend! Die schönen Fotos zum Artikel machte Anne Schwerin. Wir trafen uns zum Termin, unterhielten uns und ich hatte bei ihr auf Anhieb ein gutes Gefühl. Kurz bevor sie ging, fasste ich mir ein Herz und fragte sie, ob sie nicht Lust hätte, mit mir einen Kaffee zu trinken. Sie hat ja gesagt. Der Rest ist Geschichte.