Thomas Kerns ultimativer Wegweiser durch den Junkfood-Dschungel
So, liebe Freunde. Jetzt wird der Bulletproof-Kaffee mit dem Esslöffel Butter drin und 50 Milliliter MCT-Öl mal beiseitegeschoben und die Quinoa-Bowl landet im Restmüll. Wir machen jetzt eine Zeitreise. Sie führt uns in die längst vergessene Zeit, in der ihr euch noch keine Gedanken darüber gemacht habt, aus welcher creepy pasteurisierten Masse Chicken Nuggets bestehen. Als Carbs und Kalorien keine Relevanz hatten, sondern es nur um den Moment ging, in dem euch eure schwergetanzten Beine die Treppe aus dem Nachtcafé hochtrugen und der Frischluftschock euch in den Kopf hämmerte und schrie: ESSEN. JETZT. BURGER. POMMES. MCNUGGETS. MIT BBQ SOßE.
„Das hier ist für alle, die sich ein Stück Restmenschlichkeit bewahrt haben und ab und zu mal einen richtig guten Burger genießen.“
Das hier ist für alle, die sich nicht mehr nur noch an diese Zeit erinnern können, sondern sich tatsächlich noch ein Stück Restmenschlichkeit bewahrt haben und ab und zu mal einen richtig guten Burger genießen. Und wenn ich von „gut“ spreche, dann meine ich diese fetttriefenden, wabbelig-warmen Dinger von den räudigen Ketten.
Das hier ist kein fancy-schmänzi Tableservice-Sit-Down-„Ich bestelle meinen Burger in Salatblättern statt Brötchen“-Talk. Das hier ist die letzte Huldigung der sympathisch-ekligen Franchiseläden von goldene Möwe bis Home of the Whopper.
BURGER KING
Ja ja, die alte Gretchenfrage, die sich in einem traurigen Fastfoodland wie Deutschland immer stellt: McDonalds oder Burger King? Über lange Zeit fristeten wir unser Dasein in einer Nation, in der dies die einzige Wahl war, die wir hatten, wenn es um einen gepflegten Nach-dem-Club-Latenightsnack ging. Tatsächlich hat diese dunkle Zeit die Bevölkerung bis heute in zwei unversöhnliche Parteien gespalten. Und ganz ehrlich: Keine Ahnung, welche Komischen unter euch tatsächlich noch Burger King gegenüber McDonalds vorziehen — ich gehöre nicht dazu. Mag ja sein, dass die Fries hier ein bißchen knuspriger sind. Mag ja sein, dass die hier den Whopper haben. Mag ja sein, dass die Preise hier ein wenig besser sind. Aber das liegt halt auch einfach nur daran, dass es sonst keinen wirklich triftigen Grund für einen BK-Besuch gäbe. Fancy Werbung hin oder her. Und übrigens: Wenn hier schon deutlich weniger los ist, als bei McDonalds, warum warte ich dann trotzdem doppelt so lange auf mein Essen? Hier geht was nicht mit rechten Dingen zu. Sorry, aber Burger King? — Für mich nur im Notfall.
„Kissenweiche Pommes, die sich zur Not auch kauen lassen, wenn man die Dritten zu Hause im Glas vergessen hat.“
MCDONALDS
McDonalds ist tatsächlich nach wie vor so etwas wie der feuchte Traum für alle, denen einfach warm ums Herz wird, wenn sie dunkle Fettflecken auf braunen Papiertüten erspähen. Und tatsächlich ist „Micky Dees“, wie wir Profis sagen, auch einfach die sichere Bank: Konstant niedrige Qualität bei starken Suchtfaktor. Kissenweiche Pommes, die sich zur Not auch kauen lassen, wenn man die Dritten zu Hause im Glas vergessen hat und natürlich D-I-E BigMac Soße. Dazu kommt: Aufgrund des erhöhten Konkurrenzdrucks entwickelt sich der imperialistische Powerkonzern stets weiter, um bloß nicht ins Hintertreffen zu geraten. Das beschert dem ungeduldigen Lifestylekunden (mir) so nutzlose wie spannende Innovationen wie Touchscreen-Bestellbildschirme, an denen ich mein Menü in Windeseile bestellen und selbstredend per Apple Pay löhnen kann. Es ist 2019, Zeit ist Geld und die Tech-Konzerne haben eh schon alle meine Daten, also WAS SOLL’S?
„KFC ist der klassische Fall von Heißhunger und mega Bock drauf — bis du vor den Resten sitzt und dich einfach nur fragst, was du da gerade getan hast.“
KFC
Als Nachzügler prescht Kentucky Fried Chicken — oder Neudeutsch Kay Eff Cee, von Experten auch liebevoll „der Colonell“ genannt, mit deutlicher Verspätung auf den deutschen Markt. Mittlerweile findet sich aber in jeder größeren Stadt mindestens eine Filiale der Kette mit dem sympathischen älteren Herren im Logo. Der alte Südstaatler-Haudegen, der dir mit seinem freundlich-einladenden Blick zu vermitteln versucht: Komm doch rein, mein Freund, und bestell dir einfach einen Popcorneimer voll mit frittiertem Huhn oder ich schieße dir mit meiner abgesägten Schrottflinte von meiner Veranda aus ins Gesicht. Nein. Natürlich würde das der Colonell niemals tun, und das ist auch gut so, denn sonst wäre ich dem Sensemann schon unzählige Male begegnet. Warum? – Ich meide diesen Laden. KFC ist der klassische Fall von Heißhunger und mega Bock drauf — bis du vor den Resten sitzt und dich einfach nur fragst, was du da gerade getan hast. Es ist ein einziges Trauerspiel. Der Fokus auf Huhn beschränkt die Auswahl ohnehin schon und der USP mit den Buckets lockt mich nicht mehr hinterm Ofen vor. Was bleibt sind halbwegs originelle Beilagen, wie Maiskolben oder Krautsalat. Das war’s. Wenn’s mal nicht anders geht, dann ist das schon machbar. Aber zu welchem Preis, frage ich mich. Zu welchem Preis.
„Mit Subway kann man (auch wenn es dafür faktisch keine Grundlage gibt) sein Gewissen prima beruhigen.“
SUBWAY
Aaah, da geht die Sonne auf. Keine andere Kette hat es so perfektioniert, sich über einen Signature-Duft von der Masse abzuheben. Es ist ein willkommener Fakt, dass man, egal an welchem Ort der Welt man sich befindet, bereits aufgrund des intensiven Geruchs einen in der Nähe befindlichen Subway ausmachen kann. Hinzu kommt, dass man mit Subway (auch wenn es dafür faktisch keine Grundlage gibt) sein Gewissen auch prima beruhigen kann. Getreu dem Motto: Hey, es ist Fast Food, aber IMMERHIN Subway. Ja ja, schon klar. FACTS sind aber auch: Mega Auswahlmöglichkeiten. Schnelle Abfertigung. Du kannst den Sandwich-Artisten (ja, die heißen wirklich so) zusehen, wie sie dein Essen zubereiten. Und natürlich ist da noch der beste Marketingtrick seitdem es Fastfood gibt: Das legendäre Sub des Tages. Das Sahnehäubchen ist und bleibt aber die kundenseitige Herausforderung gleich zu Beginn die Bestellung so umfassend zu formulieren, dass für den Mitarbeiter keine Fragen offenbleiben: EINSUBDESTAGESAUFVOLLKORNMITSCHEIBENKÄSEGETOASTETBIDDE. Killer!
„Man merkt, dieser Laden ist was für’s Volk. Hier geht es an die Basics. So hat er mein Herz erobert.“
FIVE GUYS
Jeder Fastfoodconnaisseur, der schon mal den Sprung über den großen Teich gewagt hat, sollte mit Five Guys vertraut sein. Seit vergangenem Jahr hat die Kette mit seinen ersten Filialen auch in Deutschland Fuß gefasst und für die Konkurrenz kann das nichts Gutes verheißen. Warum? Nun, zunächst einmal, weil für jeden, der einen guten, fettigen Burger mag, bei dem sich sämtliche Juices zu einer herzhaften, köstlichen Schmonzette vereinen, dies hier das Mekka ist. Zum anderen, weil das Ladenkonzept hier so simpel wie effektiv ist. Kein unnötiger Schnickschnack, weder in der Einrichtung der Filialen (schwarz-weiße Kacheln, ein Tresen, Küche) noch hinsichtlich des Menüs (im wesentlichen Burger oder Cheeseburger). Kenner wählen den Burger natürlicher „all the way“ und genießen einen Maulorgasmus par excellence und knabbern bis die Bestellung serviert wird säckeweise kostenlose Erdnüsse, mit denen die Wartezeit überbrückt wird. Wobei „serviert“ eigentlich der falsche Begriff ist, denn die Geschmacksexplosion kommt hier standardmäßig in einer braunen Recyclingpapiertüte, natürlich fettdurchtränkt, einfach weil die in Erdnussöl frittierten Pommes in einem Getränkebecher, respektive frei in der Tüte landen. Man merkt, dieser Laden ist was für’s Volk. Hier geht es an die Basics. So hat er mein Herz erobert. So habe ich ihn lieben gelernt. Ich war, seitdem diese Powermarke ihren Weg nach Deutschland gemacht noch nicht vor Ort, aber kann nur hoffen, dass das Erlebnis zumindest annähernd so grandios ist, wie in den Staaten. Und auch wenn viele unken, dass vom Zauber viel verloren geht, wenn die Kette plötzlich in unseren Gefilden verfügbar ist, so öffne ich meine Arme (und den Kiefer so weit bis zur Maulsperre) und sage: WILLKOMMEN FIVE GUYS!
Bilder von amoureuxee