Zwar herrschen draußen noch sommerliche Temperaturen, während ich diese Buchkolumne tippe, aber die ersten Zeichen stehen auf Herbst. In unserem Stadtwald sprießen die Pilze, vor den Toren Hannovers blüht die Heide und die Tage werden merklich kürzer. Damit ihr für den kommenden Herbst lesetechnisch versorgt seid, möchte ich euch zwei ganz unterschiedliche Bücher ans Herz legen.
Das erste Buch beruht auf wahren Begebenheiten und zeigt mir wieder einmal, dass die besten Geschichten das Leben selbst schreibt. Meine zweite Empfehlung ist für den Deutschen Buchpreis nominiert und erzählt eindrücklich eine tragische Liebesgeschichte, eingebettet in die jüngere deutsche Vergangenheit.
Der Buchladen am Ende der Welt von Ruth Shaw (übersetzt durch Anja Samstag)
Ruth Shaw blickt von ihrer kleinen Buchhandlung in der Home Street auf der Südinsel Neuseelands auf ein Leben zurück, welches wahrlich abenteuerlich war! Sie wurde 1946 geboren, eine Zeit, in der nicht nur der zweite Weltkrieg gerade vorbei war, sondern auch Frauen deutlich weniger Rechte hatten als Männer und dabei war Ruth schon immer ein Wildfang! Vor allem geprägt durch ihren Vater, geht sie früh ihren eigenen Weg und lernt unter anderem Karten zu spielen, wie eine Große. Doch Schicksalsschläge führen dazu, dass Ruth nicht lange an einem Ort heimisch bleibt. So segelt sie durch die Südsee, lebt immer mal wieder auf Papua Neuguinea und Australien und muss sich irgendwann doch ihrer Vergangenheit stellen und ihren eigenen Seelenfrieden ins Lot bringen.
Trotz vieler harter Passagen, bleibt „Der Buchladen am Ende der Welt“ ein lebensbejahendes Buch.
Ein Menschenleben verläuft in den seltensten Fällen linear und ich denke unsere größte Errungenschaft ist es, immer wieder aufzustehen und weiter machen zu können.
Dies beweist Ruth und ist damit eine Quelle der Inspiration. Darüber hinaus, der Titel lässt es erahnen, geht es auch um Bücher. Und wie! Ruth betreibt mit ihrem Mann Lance die kleinste Buchhandlung Neuseelands und streut in ihrem Buch immer wieder Anekdoten von menschlichen, wie tierischen Bewohnern ein.
Sie schreibt über die heilende Kraft von Büchern und wie diese Menschen zusammenbringen.
Alles in allem ein großartiges Buch, beruhend auf wahren Begebenheiten, welches man perfekt an einem grauen Herbstnachmittag weg schmökern kann. Eine echte Herzensempfehlung von mir.
Hinweis: Der Buchladen am Ende der Welt erscheint Anfang Oktober im Buchhandel.
Muna oder Die Hälfte des Lebens von Terézia Mora
Ich gebe eigentlich wenig auf Nominierungen von Büchern für irgendwelche Preise oder lese Bücher vor allem, weil sie hochgelobt sind oder als Klassiker gelten, sondern verlasse mich auf meinen eigenen „Buchinstinkt“. Im Fall von Terézia Moras „Muna“, ist zufälligerweise jedoch beides zusammengekommen und ich wurde nicht enttäuscht.
In ihrem Roman skizziert die Autorin Terezia Mora die Hälfte des Lebens ihrer Protagonistin Muna. In dieser kurzen langen Zeit fällt die Mauer und mit ihr geht ein Staat unter, Muna beendet die Schule, studiert, schließt neue Freundschaften und nimmt die ersten Jobs an. Immer schattenhaft an ihrer Seite ist Magnus. Muna liebt Magnus unsterblich und kann ihn selbst dann nicht vergessen, als er für mehrere Jahre verschwindet. Sie stürzt sich in Liebschaften mit anderen Männern, bis Magnus unerwartet wieder auftaucht.
Für Muna ist klar, sie möchte mit ihm ihr Leben verbringen, was aber möchte Magnus?
Die junge Frau begibt sich in eine Abhängigkeit, die viele von uns wohl als toxische Beziehung bezeichnen würden und ist dabei sich selbst zu verlieren.
„Muna oder Die Hälfte des Lebens“ ist ein äußerst spannender Roman, der mich gefesselt hat. So sehr, dass ich über einige stilistische Patzer hinwegschauen konnte. Zum Beispiel gibt es öfters Wortwiederholungen, die stören. Darüber hinaus fehlt die Kennzeichnung wörtlicher Rede, was mich das eine oder andere Mal verwirrte und mir sich der Sinn erst nach wiederholtem Lesen erschlossen hat. Dennoch ist es in meinen Augen ein interessantes Buch, welches ungesunde Beziehungsmuster adressiert und dies in den Kontext der jüngeren deutschen Geschichte setzt.
„Muna oder Die Hälfte des Lebens“ ist perfekt für einen Sonntagnachmittag auf der Couch, wo man sich nicht nur berieseln lassen, sondern einen Roman mit Inhalt lesen möchte.
Zum Schluss interessiert mich, welches Buch hat für euch Potenzial ein echter Herbstklassiker zu werden? Verratet es doch gerne mir und den anderen LeserInnen dieser Buchkolumne in den Kommentaren.