Frohes neues Jahr an dieser Stelle auch nochmal von mir. Habt ihr Neujahresvorsätze? In diesem Jahr habe ich auf Social Media den Trend wahrgenommen, dass das neue Jahr keinen Cut darstellt, sondern man nach Mitternacht noch genau der gleiche Mensch ist, wie vor Mitternacht. Dem stimme ich grundsätzlich zu, und doch mag ich es, das neue Jahr als neue Leinwand zu sehen, mir Dinge vorzunehmen und generell Neues auszuprobieren.
Dazu gehört für mich auch ein Dry-January, also ein alkoholfreier Januar.
Warum mir das gar nicht so leicht fällt und wie mir das Buch „Unabhängig“ von Eva Biringer dabei geholfen hat, meine Gefühle einzuordnen, darum soll es in dieser ersten Buchkolumne im Jahr 2023 gehen.
Meine Januarvorsätze
Wie auch im letzten Jahr schon, verzichte ich im Januar auf Fleisch und Alkohol. Ersteres bereitet mir so wenig Probleme, dass ich mich frage, weshalb ich nicht komplett auf eine vegetarische Ernährung umsteige. Dies soll aber nicht Inhalt der Kolumne werden, sondern mein Umgang mit Alkohol. Da ist mir nämlich schon im letzten Jahr aufgefallen, dass es mir schwerer fällt auf Alkohol zu verzichten, als ich es vorab dachte.
Das klingt vielleicht drastischer als es ist, deshalb möchte ich es gerne erstmal einordnen. Ich trinke zu Hause allein oder mit meinem Partner so gut wie nie Alkohol. Ich habe auch keinen generellen Japs auf Alkohol.
Es sind viel mehr die sozialen Zusammenkünfte, bei denen mir ein Glas Wein fehlt oder ich gerne mal ein Bierchen trinken würde.
Es ist noch nicht mal so, dass ich es unangenehm finde, dass alle anderen „langsam in Stimmung“ kommen, während ich noch nüchtern bin. Mir fehlt vielmehr die Geselligkeit, Teil der Gruppe zu sein und natürlich auch – ich würde Lügen, wenn es anders wäre – der Geschmack eines guten Tropfens Wein und der angenehme Rausch, den er auslösen kann.
Eva Biringer bringt Licht ins Dunkle
Vor einiger Zeit bin ich auf die Autorin Eva Biringer gestoßen, die in dem autobiografischen Buch „Unabhängig“ über ihre Erfahrungen mit Alkohol spricht. Recht schnell zum Beginn der Lektüre fällt mir eine Parallele auf – Eva und ich sind soziale Trinkerinnen. Und damit sind wir nicht allein.
Eva beschreibt, dass seit Jahren der Alkoholkonsum zurückgeht, nur bei der Gruppe der um die 30-jährigen nimmt er wieder zu.
Diese Gruppe, zu der ich Eva und mich zählen würde, sind vorrangig Frauen, die gerne in Gesellschaft anderer trinken. Und mal ehrlich, wer kennt sie nicht, Sprüche wie: „So jung kommen wir nicht mehr zusammen“ oder „Ach komm, einen Absacker noch“.
Auch während meiner Alkoholpause fällt mir auf, wie oft mein nicht-trinken kommentiert wird. Ich selbst ertappe mich allerdings auch, meinen Dry-January zu relativieren und zu sagen „Wer kommt auch auf so eine blöde Idee?“. Dabei sollte nicht-trinken die Norm sein und nicht der Alkoholkonsum. Schließlich, auch wenn das viele vielleicht nicht hören wollen, handelt es sich dabei immer noch um ein Nervengift und Rauschmittel.
Unabhängig – Vom Trinken und Loslassen
Ich finde Evas Buch nicht nur hilfreich, um meinen und den generellen Alkoholkonsum in unserer Gesellschaft einzuordnen, sondern auch ein extrem mutiges Buch. Eva schildert Momente in ihrem Leben, die sicherlich nicht die glanzvollsten sind und macht sich im übertragenen Sinne nackig, wo andere vermutlich eher schweigen würden.
„Unabhängig“ ist aber auch ein Buch, welches mich wachgerüttelt hat.
Nach der Lektüre war mir ziemlich eindeutig bewusst, dass Alkohol in unserem Leben eine merkwürdige Rolle spielt. Er gehört irgendwie dazu, wird aber selten richtig reflektiert und eingeordnet. Dies tut Eva Biringer und nicht nur deshalb kann ich euch das Buch nur wärmstens empfehlen. Reflektiert es still für euch, aber sprecht doch gerne auch mal mit euren FreundInnen und eurem Umfeld darüber.
Wie geht es nach meinem Dry-January weiter?
Auch, wenn das Experiment Dry-January für mich immer sehr spannend und aufschlussreich ist, werde ich danach nicht komplett auf Alkohol verzichten. Zu gerne trinke ich ein kühles Glas Weißwein zum Sonnenuntergang am Mittelmeer, stoße mit FreundInnen auf besondere Momente an oder bestelle mir ein frisch gezapftes Bier im Biergarten.
Nur werde ich diese Momente bewusster wahrnehmen, öfter mal innehalten und mit anderen das Gespräch über Alkohol suchen. Denn eins sollte es nicht sein: ein normalisiertes Rauschmittel in der Mitte unserer Gesellschaft.
Was sind eure Gedanken zu Alkohol? Habt ihr schon mal einen Monat auf Alkohol verzichtet oder trinkt ihr vielleicht generell keinen Alkohol?